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Baby led weaning (BLW): Vor- und Nachteile der breifreien Beikost

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Baby led weaning, kurz BLW, steht für „Baby-geführte Entwöhnung“ – eine Ernährungsform, bei dem das Baby entscheidet, wann es abgestillt wird und welche Beikost es isst. Den klassischen Babybrei gibt es nicht beim BLW. Wie die BLW-Methode funktioniert und welche Vor- und Nachteile diese Babynahrung hat, wollen wir erklären.

Inhaltsverzeichnis

Baby led weaning (BLW): Vor- und Nachteile der breifreien Beikost

In den ersten Lebenswochen und -monaten werden Babys ausschließlich gestillt oder mit der Flasche gefüttert. Rund um den sechsten Lebensmonat entscheiden wir Eltern, dass es an der Zeit für Beikost ist. Klassischerweise starten viele dann mit der Einführung von Babybrei. Damit soll Schritt für Schritt die Muttermilch bzw. Flaschenmilch durch festere Nahrung ersetzt werden.

Die Entscheidung über die Einführung der Beikost müssen aber gar nicht die Eltern treffen. Bei der „Baby led weaning“-Methode nämlich, legt man diese Entscheidung sprichwörtlich in Babys Hände. Denn beginnt das Kind, sich für das Essen der Eltern oder Geschwister zu interessieren, dann, so glauben es die Befürworter von BLW, ist das der Zeitpunkt, zu welchem man auch das Baby mit an den Familientisch holen sollte und das Familienessen mit ihm teilt. BLW ist eine breifreie Beikosteinführung.

Woher die Idee der Baby-geführten Ernährung stammt, wie genau sie funktioniert, was es zu beachten gilt und welche Vor- und Nachteile sie hat, das wollen wir erklären.

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Was genau ist Baby led weaning?

Das Stillen nach Bedarf ist vermutlich den meisten Eltern ein Begriff. Es bedeutet, dass man das Kind nicht nach einem „festen“ Zeitplant stillt, sondern immer dann, wenn es erkennen lässt, dass es hungrig ist. Dabei muss man nicht warten, bis der Nachwuchs vor Hunger schreit und weint.

Stattdessen gilt es, das Baby genau zu beobachten und die Signale zu deuten. Ein hungriges Kind wird beispielsweise schmatzen oder an seiner Faust saugen. Kommen die Eltern dem Trinkbedürfnis auf diese Weise nach, kann man sagen, das Kind trinkt selbstbestimmt.

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Auch beim Baby led weaning geht es um genau diese Selbstbestimmung bei der Nahrungsaufnahme. (Wobei, das erklären wir aber gleich noch genauer, die Nahrungsaufnahme bei BLW am Anfang nicht im Vordergrund steht.)

Nicht die Eltern entscheiden, wann das Kind welchen Obst- oder Gemüsebrei bekommt, sondern das Kind lässt erkennen, wann es für Beikost bereit ist und entscheidet selbst, was es isst. Man spricht bei BLW auch von der breifreien Beikost, denn das Essen kommt vom Familientisch in Form von Fingerfood (zum Teil gekocht oder gedünstet, nicht aber zu Brei püriert).

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Woher kommt Baby led weaning?

Neu ist BLW nicht, denn es gibt seit jeher Kulturen, bei denen es einfach keinen Babybrei gibt. Da sitzen die Kinder ab einem bestimmten Alter mit am Elterntisch und probieren sich durch die verschiedenen Lebensmittel.

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So richtig bekannt gemacht hat die „Baby led weaning“-Ernährungsform die britische Hebamme und Expertin für Babynahrung Dr. Gill Rapley. 2010 veröffentlichte sie ihr Buch „Baby led weaning“ (hier direkt bei Amazon bestellen*) und erklärte darin, dass es für die Entwicklung von Kindern (und Eltern) besser ist, wenn sie mit am Elterntisch sitzen und selbstständig das Essen greifen und in den Mund führen, statt von ihren Eltern gefüttert zu werden. Dabei entscheiden sie selbst, was sie essen oder auch wieder ausspucken.

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Ab welchem Alter kann man BLW starten?

Dr. Gill Rapley empfiehlt in ihrem Buch ein Alter von rund sechs Monaten. Dann sind Kinder bereits in der Lage, ein wenig zu sitzen, können ihren Kopf ausdauernd und sicher halten und auch die Hand-Augen-Koordination ist soweit, dass sie sich eigenständig etwas in den Mund schieben können. Alles Voraussetzungen, um Baby lead weaning erfolgreich zu starten.

Und ihr ahnt es schon, es gibt auch Kinder, die können das bereits ein bisschen eher, und es gibt Kinder, bei denen dauert es noch ein paar Wochen länger. Das ist alles gar kein Problem. Als Eltern kennt man seinen Nachwuchs am besten und kann darauf achten, was ihm gut tut und was ihn vielleicht noch überfordert.

Wichtig ist, dass das Kind bereits Interesse am Essen der anderen Familienmitglieder zeigt, bevor man BLW ausprobiert. Denn die Neugier ist ebenfalls eine wichtige Voraussetzung, um mit einer Baby-geführten Ernährung zu starten.

Ganz entscheidend ist, dass das Kind sich allein das Essen nehmen und in den Mund stecken kann. Hat es daran (noch) kein Interessen, oder gelingt es gar motorisch noch nicht, sollten Eltern unbedingt dem Drang widerstehen, ihm dabei zu helfen.

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Bei der BLW-Methode geht es vor allem darum, dass das Kind ganz selbststandig isst.
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Wie funktioniert BLW genau?

Unter der Voraussetzung, dass euer Baby bereits Interesse an eurem Essen zeigt, also euch dabei beobachtet, wie ihr esst und die Kaubewegungen nachahmt, könnt ihr es mit an euren großen Tisch setzen. Das kann in einem Hochstuhl sein, der ausreichend beim Sitzen unterstützt oder für den Anfang auf eurem Schoß.

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Und dann könnt ihr eurem Kind eine Auswahl an geeigneten Speisen anbieten. Für Kinder, die noch keine Zähne haben, bieten sich zum Beispiel Obst- und Gemüsesticks an. An denen kann es lutschen, oder, wenn sie weich(gekocht) sind, sie mit Gaumen und Zunge zerdrücken. Auch an Brotkanten kann es sich versuchen.

Bei den ersten BLW-Versuchen geht es weniger um das Essen, als um das Ausprobieren. Euer Kind schaut und fühlt genau die Unterschiede der verschiedenen Speisen. Es wird sie zerdrücken und zerkrümeln, matschen und vielleicht auch mal ein bisschen davon schlucken.

Das Essen steht hier aber noch nicht im Vordergrund. Deshalb ist es wichtig, dass ihr es weiterhin stillt. So sorgt ihr erst einmal dafür, dass euer Nachwuchs alle wichtigen Nährstoffe erhält.

Über die Zeit wird es lernen, dass das, was ihm so viel Freude am Elterntisch bereitet, auch wirklich zum Essen ist. Und bis euer Kind so viel isst, dass ihr es anschließend nicht mehr stillen oder ihm die Flasche geben müsst, dauert es eine ganze Zeit.

Kinder, die bereits ihre ersten Zähnchen haben, werden natürlich auch versuchen, Dinge zu zerbeißen. Deshalb ist es wichtig, dass ihr darauf achtet, ihnen nichts anzubieten, woran sie sich verschlucken können. So sollten zum Beisiel rohe Gemüsesticks durch gekochte ersetzt werden. Zu groß ist die Gefahr, dass ein Stück abgebissen wird, welches verschluckt werden kann.

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Wichtig: Gegner der BLW-Methode führen vor allem die Gefahr des Verschluckens als Gegenargument auf. Kinder seien mit sechs, sieben oder acht Monaten einfach noch nicht so weit, „feste“ Nahrung zu sich zu nehmen. Tatsächlich, so belegt es eine Studie aus Neuseeland, ist die Gefahr aber nicht größer, als bei Kindern, die mit Babybrei gefüttert werden.

Kinder, die mit der BLW Methode an feste Nahrung herangeführt wurden, so belegt es die Studie, seien schneller zu „sicheren Essern“ geworden. Generell tendieren alle Babys dazu, schnell zu würgen – egal ob sie nun Babybrei oder Rohkost bekommen. Das ist ein natürlicher Reflex, der sie vor dem Verschlucken schützt.

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Welche Lebensmittel eignen sich fürs Baby led weaning?

Babys sind am Anfang ihres Lebens sehr neugierig und auch unvoreingenommen, was Essen angeht. Je älter sie werden, desto mehr Skepsis entwicklen sie verschiedenen Lebensmitteln gegenüber. Deshalb kannst du versuchen, deinem Nachwuchs direkt so viele und abwechslungsreiche Speisen wie möglich anzubieten.

Wichtig hierbei ist, dass die Lebensmittel so groß sind, dass dein Kind sie leicht greifen kann. Orientiere dich deshalb an der Hand deines Kindes. Passen sie in seine Faust, haben sie eine gute Größe. Außerdem ist wichtig, dass es Lebensmittel sind, die sie mit ihren Kauleisten oder Zunge und Gaumen zerdrücken können oder an denen sie (sicher) lutschen können. Geeignet sind:

  • Gemüse wir Brokkoli, Karotten, Kohlrabi, Kürbis, Kartoffel, Süßkartoffel – im Ofen gebacken oder im Topf gedünstet
  • Avocado
  • Obst (z.B. Bananen, Birnen, Mangos)
  • Brot oder Reiswaffeln
  • gekochte Nudeln
  • Hartkäse (z.B. Emmentaler)
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Wichtig: Lasse dein Baby beim Essen nie unbeaufsichtigt, egal ob es Brei, Rohkost oder etwas anderes bekommt. Außerdem empfehlen wir einen Erste-Hilfe-Kurs für Babys und Kleinkinder. Es ist immer gut und gibt einem eine gewisse Sicherheit, wenn man weiß, was im Notfall zu tun ist.

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Welche Lebensmittel sind bei BLW verboten?

Auch wenn es mal schnell gehen muss mit dem Essen, Babys bekommen bitte niemals Fast Food. Diese Lebensmittel sind zu fettig, zu würzig und außerdem enthalten sie viel zu wenige Nährstoffe. Stark gesalzene Lebensmittel wie Oliven oder Feta-Käse, sowie stark gesüßte oder frittierte Sachen sind ebenso tabu.

Roher Fisch und rohes Ei sind verboten, genauso wie Rohmilchkäse-Produkte. Auch Nüsse gehören nicht auf Babys Speiseplan.

Hat euer Kind schon Zähne, müsst ihr auch bei der Rohkost sehr wählerisch sein. Schnell ist ein Stück Apfel oder Salatgurke abgebissen. Die Gefahr, dass euer Kind sich daran verschlucken könnte, ist groß. Selbes gilt für (harte) Brotstücke, Zwieback oder Laugenbrezeln.

Und auch Honig hat nichts in Babys Essen zu suchen. Honig kann das Bakterium Clostridium botulinum enthalten, was im Darm von Säuglingen und Babys schwere Gifte ausscheidet und zu Säuglingsbotulismus führen kann.

Vorteile des Baby led weaning

Es gibt eine große Reihe an Vorteilen, die die „Baby led weaning“-Ernährungsmethode mit sich bringt:

  • Kinder lernen früh viele verschiedene Lebensmittel, ihre Formen, Strukturen und Optik kennen. Auch die verschiedenen Geschmäcker werden sie mit Freude erkunden.
  • Essen verbinden sie durch BLW mit Spaß. Der Esstisch ist (vor allem am Anfang) ein großer Spielplatz. Den Wert von Essen werden sie über die Zeit begreifen. Bis dahin wird es aber keine Probleme oder Verweigerungen geben. Sätze wie, „Mein Kind isst seinen Brei nicht“ wird es nicht geben, denn das Kind kann selbst entscheiden, was es essen möchte und was nicht.
  • BLW stärkt das Selbstvertrauen und die Selbstständigkeit. Für Kinder ist es ein riesen Schritt und es erfüllt sie ersichtlich mit Stolz, wenn sie es schaffen, sich ganz alleine etwas in den Mund zu stecken – so wie Mama und Papa oder die großen Geschwister auch.
  • Es fördert die Augen-Hand- bzw. Hand-Mund-Koordination.
  • Selbstbestimmt zu essen bedeutet auch, bewusster zu essen. Kinder greifen nicht nur instinktiv nach verträglichen Nahrungsmitteln, sie achten auch vermehrt darauf, wann sie satt sind. Sie entwickeln so ein gutes und gesundes Essverhalten.
  • Die BLW-Methode führt dazu, dass sie zügig sichere Esser sind. Sie haben früh gelernt, mit unterschiedlichsten Texturen umzugehen und wissen diese zu zerkleinern oder auch auszuspucken.
  • Das Kauen, auch wenn es nur auf den Zahnleisten stattfindet oder durch das Zerdrücken zwischen Zunge und Gaumen, stärkt ihre Gesichtsmuskulatur. Das kann sich positiv auf die Sprachentwicklung auswirken.
  • Niemand muss extra Babybrei kochen. Das spart vor allem jede Menge Zeit.
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Nachteile der BLW-Methode

Nicht alle sind begeistert von der BLW-Methode. Kinderärzte beispielsweise äußern Kritik daran, dass diese Ernährungsform schnell zu Mangelerscheinungen bei Kindern führen kann. Es ist schwer ersichtlich, was genau ein Kind wirklich gegessen hat oder woran es zum Beispiel nur gelutscht hat. So blieben wichtige Nährstoffe für die Entwicklung von Kindern auf der Strecke.

In einem herkömmlichen Babybrei hingegen sei genau nachvollziehbar, was drin ist und wieviel gegessen wurde. Auch die Zusammensetzung von Babybrei ist genau auf die Bedürfnisse der Kinder in verschiedenem Alter angepasst. Nur so, so das Argument der Gegner von BLW, kann sichergestellt werden, dass sie genug Vitamine, Eisen und andere Nährstoffe erhalten.

Ein weiterer Nachteil beim Baby led weaning ist, dass das Abstillen länger dauert. Eben deswegen, weil Kinder am Anfang noch nicht viel und ausreichend feste Nahrung zu sich nehmen. Es muss unbedingt weiterhin gestillt werden, um die Versorgung des Kindes mit allen für die Entwicklung wichtigen Nährstoffen sicherzustellen.

Und noch eine Sache sollte man nicht außer Acht lassen: Das Chaos, das entsteht, wenn Babys alleine essen. Denn in den ersten Tagen und Wochen wird garantiert mehr Essen auf dem Boden landen als in Babys Mund. Sorgt am besten vor und legt eine abwischbare Folie unter den Kinderstuhl. Auch ratsam sind Lätzchen inklusive Ärmel und Auffangschale. Da lässt sich das ein oder andere Lebensmittel noch retten.

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Artikels dient lediglich der Information. Treten Unsicherheiten, dringende Fragen oder Beschwerden auf, solltet ihr euren Kinderarzt kontaktieren.