Triggerwarnung: In diesem Beitrag wird psychische, als auch physische Gewalt thematisiert. Wenn du selbst davon betroffen bist oder das Thema ein unwohles Gefühl in dir auslöst, lies den Beitrag besser nicht oder gemeinsam mit einer Person deines Vertrauens.
Der Begriff „Daddy Issues“ wird oft leichtfertig verwendet, doch was steckt wirklich dahinter? Sowohl Frauen als auch Männer benutzen den Begriff häufig, um ihre komplizierte Beziehung zu ihrem Vater zu erklären. Wir sind dem Phänomen etwas näher auf den Grund gegangen.
Der Begriff „Daddy Issues“
Auf Deutsch lässt sich der Begriff „Daddy Issues“ mit „Vater-Komplexen“ übersetzen. Vater-Komplexe zeichnen sich durch eine schwierige oder ungesunde Vater-Kind-Beziehung aus.
Häufig werden „Daddy Issues“ nur im Kontext von Frauen oder weiblichen Personen genannt, dabei ist es vollkommen egal, welches Geschlecht das Kind hat. Männlich, weiblich, divers – Vater-Komplexe können alle von uns entwickeln.
Dabei ist es wichtig zu betonen, dass es sich bei einem Vater-Komplex nicht um eine diagnostizierbare Krankheit handelt. Eine schwierige Beziehung zum Vater wird von Kindern individuell verarbeitet.
Anders sieht es natürlich aus, wenn Väter beispielsweise gewalttätig werden: Das kann sowohl psychische als auch physische Spuren hinterlassen.
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Arten von Vätern
Vater-Komplexe können durch vielerlei Beziehungsarten entstehen. Sowohl negative Charakterzüge des Vaters als auch vermeintlich positive Eigenschaften und Umgangsweisen können das Denken und die Beziehungen der Kinder nachhaltig beeinflussen.
Väter, die ihre Kinder verwöhnen
Ständige Belohnungen und positive Rückmeldungen des Vaters klingen zunächst nach einer liebevollen und fürsorglichen Beziehung – doch wenn das im Übermaß geschieht, kann das Kind im Erwachsenenalter unrealistische Beziehungsvorstellungen bekommen.
Väter, die emotional auf Distanz gehen
Emotional nicht verfügbare Väter zeichnen sich dadurch aus, dass sie zwar physisch anwesend, aber auf emotionaler Ebene kaum erreichbar sind. Zwischen Vater und Kind findet keine nähere Bindung statt – Gefühle sind tabu.
Gewalttätige oder missbräuchliche Väter
Ein Vater, der seinem Kind mit physischer Gewalt begegnet, hinterlässt nicht nur körperliche Spuren, sondern auch mentale. Oftmals leidet der Vater selbst unter psychischen Problemen, die er mit Gewaltausbrüchen auf das Kind überträgt.
Kontrollierende Väter
Mit dem Alter werden Kinder selbstständiger und unabhängiger. Doch sobald ein Vater diesen Prozess nicht zulässt oder einschränkt, kann dies auch Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben.
Väter mit übermäßiger Angst
Väter, die ein übermäßiges Maß an Angst besitzen, sind oftmals auch ziemlich kontrollierend. Stetige Angst und Zweifel werden von Kindern bereits aufgenommen, ohne dass viel kommuniziert werden muss.
Väter mit körperlicher Abhängigkeit vom Kind
Das ganze Spiel funktioniert allerdings auch andersherum: Einige Väter sind von ihren Kindern körperlich abhängig, indem sie beispielsweise nicht allein Essen zubereiten können oder sich nicht selbst versorgen können. Wenn diese Grundversorgung von dem Kind übernommen wird, tauschen sich die Rollen von Elternteil und Kind.
Wie äußern sich „Daddy Issues“?
Es gibt eine Vielzahl an Anzeichen von Vater-Komplexen. Da es sich dabei, wie oben bereits beschrieben, allerdings nicht um eine diagnostizierbare Krankheit handelt, ist es schwer, klare Symptome zu nennen.
Jedoch lernen wir anhand unserer Eltern, wie zwischenmenschliche Beziehungen funktionierten. Sie agieren als eine Art Vorbild für uns – jedenfalls im Kindesalter. Daher kann man einige Dinge vermuten, die sich im Erwachsenenalter bei Menschen mit Vater-Komplexen zeigen.
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Anhänglichkeit und Besitzergreifung
Aus Angst vor Verlust orientieren sich viele Menschen mit Vater-Komplexen stark an ihren Partner oder Partnerinnen. Oftmals geschieht das allerdings in einem fast krankhaften Ausmaß. Die ständige Sorge, allein zu sein oder verlassen zu werden, kann zu einer ungesunden und kontrollierenden Beziehung führen.
Übermaß an Bestätigung und Sicherheit
Gleichermaßen brauchen Menschen mit einer schwierigen Beziehung zu ihrem Vater oft die Bestätigung ihres Partners oder ihrer Partnerin. Auch im Freundeskreis kann das eine große Rolle spielen, denn die Unsicherheiten können sich auf viele Lebensbereiche übertragen.
Mit Sex kompensieren
Um das Selbstwertgefühl zu steigern oder auch um das Gefühl zu haben, geliebt zu werden, versuchen Betroffene oft Sex als eine Art Kompensation zu nutzen. Häufig werden dabei die eigenen Bedürfnisse über Bord geworfen, um dem Partner oder der Partnerin zu gefallen.
Toxische Partnerwahl
Wenn Kinder in der Vergangenheit eine schlechte Beziehung zu ihrem Vater hatten, kann es sein, dass sie sich im Erwachsenenalter ebenfalls in missbräuchliche Beziehungen stürzen. Das kann sowohl psychischer als auch physischer Natur sein.
Wie kann man „Daddy Issues“ behandeln?
Je nachdem, wie das Kind die Beziehung zu seinem oder ihrem Vater empfunden und erfahren hat, können sich im Laufe des Erwachsenenalters Auswirkungen zeigen. Dazu sei jedoch gesagt, dass nicht nur die Beziehung zum Vater eine Rolle spielt.
Auch das Verhältnis zur Mutter oder anderen Bezugspersonen ist ausschlaggebend darin, wie sich das Kind entwickelt und welche Eigenschaften es mit in das Erwachsenenalter nimmt.
Denn wenn noch andere Faktoren, wie beispielsweise Armut oder andere Konflikte das Kind im jungen Alter beeinflussen, kann es zu psychischen Folgen kommen. Daher ist es für Betroffene ratsam, eine Therapie in Anspruch zu nehmen, um Ängsten und Unsicherheiten keinen Raum zu bieten.
Quellen:
Gewalt gegen Kinder
Tagesschau
ZDF
Deutschlandfunk
ZEIT
Psychology Today
TalkSpace
Falls du selbst von Gewalt eines Elternteils betroffen sein solltest, findest du hier Anlaufstellen und Unterstützung:
Telefon Seelsorge
Hilfetelefon
Weißer Ring
Anmerkung: Dieser Artikel ersetzt keine ärztliche Expertise und dient lediglich als Information.