Unser Sohn ist jetzt 14 Jahre alt und den Großteil der Klischees, die dieses Alter mit sich bringt, erfüllt er nicht. Er ist weder aufmüpfig, noch schlägt er sich die Nächte am PC um die Ohren oder streift mit Freund*innen um die Häuser und macht Unfug. Er ist ein ziemlich chilliger Teenager.
Eine Sache jedoch verrät, dass die Pubertät etwas durcheinander bringt: Er vergisst alles. Und wenn ich sage alles, dann meine ich alles. Erinnert ihr euch an den typischen Lehrersatz: „Wenn dein Kopf nicht am Hals festgewachsen wäre, würdest du den auch vergessen“? Genau das ist unser Sohn gerade.
Er vergisst sein Fahrrad an der Schule, mit dem er morgens noch hingefahren ist. Er vergisst das Gassigehen mit dem Hund, woran er mit einem Notizzettel und einer WhatsApp-Nachricht erinnert wurde. Er vergisst das Duschen, die Mail an die Lehrerin, den Tischtennisschläger auf dem Weg zum Tischtennistraining. Eigentlich gibt es nichts, was er nicht vergessen kann.
Dass er das nicht absichtlich macht, steht fast außer Frage. Aber warum nur ist sein Kopf aktuell ein sehr grobmaschiges Sieb?
Schuld ist, na klar, die Pubertät
Mit Eintritt in die Pubertät verändern sich bei Jugendlichen nicht nur Aussehen und Körper massiv, nein, auch in ihrem Kopf verändert sich so einiges. Da werden bestehende Nervenverbindungen gekappt, um neue entstehen zu lassen, so erklärt es Michael Schulte-Markwort, Direktor der Klinik für Kinderpsychiatrie und -psychosomatik im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.
Und wenn eine Verbindung gekappt wurde und die neue noch nicht richtig angeschlossen ist, na da kann es eben zu Ausfällen kommen. Klassische Umbauprobleme eben.
Gleichzeitig, so erklärt es der Direktor, verlieren pubertierende Teens ihr Zeitgefühl. Vielmehr lebten sie im Augenblick. Deshalb kann zum Beispiel das Müllrausbringen „gleich“ binnen 5 Minuten, aber eben auch erst nach 5 Stunden erledigt werden. Oder auch gar nicht.
Vergesslichkeit als Reaktion auf Stress
Das Gemeine ist, dass, während das Kind damit zu tun hat, sein Leben irgendwie auf die Reihe zu bekommen, wir Eltern oft gesteigerte Ansprüche an das ja gar nicht mehr so kleine Kind haben. Wir trauen ihnen (zu Recht) mehr zu und erwarten auch mehr. Allerdings ist das in der Hochphase der Pubertät eine schlechte Kombination.
Das kann bei dem einen oder anderen Teen nämlich in Stress ausarten und der wiederum ist auch bekannt dafür, Menschen schusselig statt gewissenhaft zu machen.
Seid der informierte Techniker!
Was kann man also tun? Um bei dem Bild der Umbauarbeiten zu bleiben, die da im Kopf des Teens vor sich gehen, sollten wir Eltern uns als der darüber informierte Techniker verstehen. Heißt: Wir sollten zum einen Verständnis mit unseren Kindern haben, und sie an der einen oder anderen Stelle einfach noch mal erinnern.
Vor allem, wenn es um Sachen geht, von denen wir wissen, dass sie uns oder dem Kind besonders wichtig sind. Es ist in den seltensten Fällen nämlich ein Akt, den Nachwuchs zu fragen, ob er den Tischtennisschläger eingepackt hat oder der Hund sich schon erleichtern konnte.
Niemand muss seinem Teenager 24/7 hinterherlaufen oder -telefonieren, aber da, wo es uns leicht fällt und uns nicht wirklich Energie kostet, da können wir ihn mit einfachen Mitteln unterstützen. Oft sind die Kinder nämlich selbst genervt von ihrer Schusseligkeit.
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