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Schule: Warum die meisten Zeugnisse unwichtig sind!

Mädchen, ca. 11 Jahre alt, steht in einem Schulgebäude, den Rucksack über einer Schulter gelegt, in den Händen ein Buch haltend.
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Sind Schulnoten noch zeitgemäß?

Einigen Schüler*innen fällt Schule leicht, andere quälen sich regelrecht durch die Jahre. Am Ende aber findet noch jede*r seinen Weg, ganz unabhängig der Leistungen in Klasse 5, 6, 7 oder 8. Sind Zeugnisse also längst überholt?

Zeugnisse sind für viele Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern ein riesiges Thema, weil sie ein Symbol sind für Erfolg oder Misserfolg und sogar ein Maßstab für Fleiß und Intelligenz. Doch was steckt wirklich hinter den Zahlen und Noten? Können sie die tatsächlichen Fähigkeiten eines Kindes überhaupt widerspiegeln?

In den letzten Jahren hört man immer häufiger Kritik an dem gängigen schulischen Bewertungssystem von Schulnoten. So gibt es heute schon Schulen, die in einer Testphase ganz auf Noten verzichten. Es gibt Ideen, die sich für schriftliche Bewertungen auf Zeugnissen aussprechen, statt auf Zahlen zu setzen und viele weitere Ansätze, die das klassische Noten-Bewertungssystem relativieren wollen.

Denn der allgemeine Konsens ist, die bisher verwendeten Noten von 1 bis 6 sind überholt und können Kindern mehr schaden als nützen. Vor allem in unteren Klassen, in denen Schulnoten ausschließlich Druck erzeugen, im späteren Leben aber absolut keine Rolle spielen. Wen kümmert schließlich, welche Noten die Bäckermeisterin oder Medizinstudentin im Halbjahr von Klasse 7 oder 8 hatte?

Warum wir die Bedeutung von Schulzeugnissen in der heutigen Zeit kritisch hinterfragen sollten und wann ein Zeugnis wirklich zählt, das wollen wir hier besprechen.

Noten sagen nichts über das wahre Potenzial aus

Ganz gleich, ob es sich um eine „sehr gute“ oder eine „ausreichende“ Note handelt, das Zeugnis spiegelt niemals die gesamte Persönlichkeit oder das volle Potenzial eines Kindes wider. In einem System, das hauptsächlich auf standardisierten Tests und rein akademischen Leistungen basiert, bleiben viele Facetten eines Menschen unerkannt. Kreativität, emotionale Intelligenz, Teamfähigkeit und andere nicht-messbare Eigenschaften, die später im Leben oft den Unterschied machen, werden kaum berücksichtigt.

Zudem bezieht sich eine Note oft nur auf wenige Teilbereiche eines Fachs und auf ein paar Tests, die geschrieben werden. Eine Schülerin oder ein Schüler, die oder der sich hervorragend in einem Gespräch oder in einer praktischen Aufgabe beweist, wird durch diese Note möglicherweise nicht genügend gewürdigt.

Das Bildungssystem ist längst nicht mehr der einzige Weg zum Erfolg

Heute arbeiten immer mehr Menschen in Selbstständigkeit, kreativen Berufsfeldern oder haben ihr eigenes Unternehmen gegründet. Und vermutlich haben diesen Menschen nicht ihre Zeugnisse zum beruflichen Erfolg verholfen, sondern ihr Wille. Während in manchen Branchen Noten und formale Abschlüsse immer noch eine Rolle spielen, erkennen immer mehr Unternehmen und Institutionen, dass praktische Erfahrungen, Eigeninitiative und Soft Skills mindestens genauso wichtig sind.

Inzwischen gibt es auch immer mehr Bildungseinrichtungen und Unternehmen, die auf alternative Bewerbungsverfahren setzen, die weniger auf schulischen Noten basieren und stattdessen Wert auf praktische Fähigkeiten, Motivation und Kreativität legen.

Warum die Note im Vergleich zu anderen Faktoren so wenig zählt

Jedes Zeugnis hat eine andere Gewichtung, und die Bewertung variiert je nach Schule und Lehrer*in. Der Standard eines Tests kann durch viele Faktoren beeinflusst werden – von der Tagesform des oder der Schüler*in über die Genauigkeit der Lehrperson bei der Bewertung bis hin zur Schwierigkeit des Tests. Das führt dazu, dass zwei Schüler*innen, die eigentlich das gleiche Wissen besitzen, unterschiedliche Noten erhalten können.

Zudem haben Studien bereits belegen können, dass Lehrende, auch wenn sie es nicht sein sollten, zum Teil voreingenommen sind, was Leistungen von Schülerinnen und Schülern betrifft.

Lies dazu auch: Vornamen-Studie: Kinder mit diesen Namen haben es leichter in der Schule

In den letzten Jahren gab es immer wieder Stimmen von Pädagog*innen und Bildungsexpert*innen, die eine individualisierte Bewertung fordern. Ein Zeugnis sollte ihres Erachtens nicht nur aus einer numerischen Note bestehen, sondern die unterschiedlichen Stärken und Entwicklungspotenziale eines Schülers stärker berücksichtigen.

Manche Schulen und Lehrer*innen setzen dies bereits um, indem sie ein schriftliches Feedback geben, das gezielt auf den Lernprozess und die Entwicklung eines Kindes eingeht. Die Norm ist das aber nicht.

Noten und ihre Auswirkungen auf die Psyche von Kindern und Jugendlichen

Schulnoten können eine enorme psychologische Belastung für Schüler*innen darstellen. Und das schon in den unteren Jahrgangsstufen. Sind die Noten direkt mit der Zukunft und der Berufsorientierung verbunden, steigt der Druck noch einmal. Für Kinder, die von Natur aus weniger gut in bestimmten Bereichen sind, kann dies zu Frustration und Selbstzweifeln führen. Sie neigen dazu, sich selbst als Versager zu betrachten, nur weil sie in einem bestimmten Fach schlechter abgeschnitten haben.

Das Streben nach immer besseren Noten kann zudem dazu führen, dass Schüler*innen ihre eigenen Interessen und Leidenschaften aus den Augen verlieren. Sie fragen sich nicht mehr, was sie interessiert und begeistert, sondern was den besten Erfolg in Form von Noten bringt. Dies kann später zu Unzufriedenheit und Unwohlsein im Berufsleben führen, wenn der eigentliche Lebenszweck nicht mehr im Einklang mit den eigenen Werten steht.

Schulnoten sind nicht das Maß aller Dinge

Schulzeugnisse sind in vielerlei Hinsicht eine unzureichende Messlatte für den Wert eines Menschen. Sie geben einen sehr begrenzten Überblick über das, was ein Schüler oder eine Schülerin wirklich leisten kann und welche Talente er oder sie in sich trägt. Die Realität zeigt, dass Erfolg im Leben von einer Vielzahl anderer Faktoren abhängt: von Eigeninitiative, Kreativität und auch sozialer Kompetenz.

Es ist wichtig, dass wir als Gesellschaft beginnen, das Thema Noten neu zu denken und Kindern und Jugendlichen nicht nur anhand von Zahlen zu bewerten. Sie verdienen es, dass ihre Persönlichkeiten und Potenziale erkannt und gefördert werden.

Und liebe Eltern, noch einmal: Das Wichtigste ist, dass ein Zeugnis niemals das Selbstwertgefühl eines Kindes bestimmen darf. Sprecht mit euren Kindern, hört zu und unterstützt sie auf ihrem Weg, unabhängig von ihren Noten. Denn am Ende sind es nicht die Noten, die zählen, sondern das, was sie mit ihren Talenten im Leben anfangen.

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