Oben ohne im Schwimmbad ist für Männer eine Selbstverständlichkeit, für Frauen aber nicht. Genau das soll sich jetzt ändern, zumindest in Göttingen. 2021 wurde eine Person, die sich nicht als Frau identifiziert, wegen Oben-ohne-Sonnens eines Schwimmbads verwiesen. Das Schwimmbad nahm sie jedoch als Frau wahr und sah einen Verstoß gegen die geltende Badeordnung und sprach ein Hausverbot aus.
Nach heftigen Diskussionen spricht sich die Stadt Göttingen nun für freie Brüste im Schwimmbad aus. Ab dem 1. Mai soll an den Wochenenden Oben-ohne-Baden in Göttingens Schwimmbädern erlaubt sein, zunächst bis zum 31. August.
„Die bisherige Badeordnung – so wie diese in den Bäder in Deutschland gilt – sah vor, dass entsprechend der üblichen Badebekleidung die weibliche Brust als sekundäres Geschlechtsmerkmal während des Aufenthalts in den Bädern bedeckt sein muss“, sagte der Geschäftsführer des besagten Bades zu watson.
„Nach dem Gesetz sollten alle Brüste gleich sein“
Durch diese Entscheidung wird die Diskussion um Gleichberechtigung und Freikörperkultur vermutlich neu entfacht.
„Nach dem Gesetz sollten alle Brüste gleich sein“, sagte Rechtsanwältin Leonie Thun im Deutschlandfunk.
Sie vertritt eine Frau, die ebenfalls im Jahr 2021 wegen Oben-ohne-Sonnens eines Berliner Parks verwiesen wurde. Die Folge: Oben-ohne-Demos und der Anstoß der Diskussion, ob es gerecht ist, Menschen nach sekundären Geschlechtsmerkmalen unterschiedlich zu behandeln.
In Berlin gebe es das Landes-Antidiskriminierungsgesetz (LADG), daher ist dort eine Klage möglich. In anderen Bundesländern ginge das aktuell nicht, obwohl sie damit europarechtliche Vorgaben nicht umsetzen, so Thun. „Wenn ich jemanden anders behandle aufgrund eines sekundären Geschlechtsmerkmals, heißt das automatisch, ich behandele wegen des Geschlechts anders“, erklärt die Rechtsanwältin weiter. Nach dem LADG und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz sei eine Andersbehandlung aufgrund des Geschlechts also nicht erlaubt.
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Wo ist Nacktbaden erlaubt?
Nackt sein ist in Deutschland nicht verboten. Doch auch im Land der Freikörperkultur, kurz FKK, ist der Verzicht auf Kleidung geregelt. An öffentlichen Badestellen ist das Nacktsein in ausgewiesenen FKK-Bereichen erlaubt, im Sinne der Gleichheit sogar erwünscht.
In der abgelegenen Natur spricht nichts dagegen, sich frei und unbekleidet zu bewegen, solange sich keine anderen Menschen dadurch gestört fühlen.
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Nackt sein in der Öffentlichkeit
In der Wohnung kann man so unbekleidet sein, wie man möchte. Auch im eigenen Garten, selbst wenn das die Nachbarn sehen, ist nackt sein zunächst weder sträflich noch ordnungswidrig. Allerdings entscheidet hier der Einzelfall, ab wann ein Nackedei doch als eine „Belästigung der Allgemeinheit“ wahrgenommen wird. Und als nackte Person muss man auch damit rechnen, den ein oder anderen kurzen Blick zu ernten. Jedoch gilt auch hier, wie immer, gezieltes Hinschauen oder gar Spannen sind absolut nicht erlaubt.
„Strafrechtlich verboten ist öffentliche Nacktheit ohne sexuellen Bezug zwar nicht, doch auch hier kann durch den § 118 OWiG ein Bußgeld blühen“, heißt es auf dem Rechtsportal Deutsche Anwaltauskunft. Es sei übliche Praxis, dass oft ein Platzverweis ausgesprochen werde, eine Verfolgung als Ordnungswidrigkeit geschehe hingegen eher selten.