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In Start-ups investieren: Geht das als Normalverdiener?

Credit: Getty Images

„Mir hat nie jemand gesagt, dass man in Start-ups investieren kann. Dabei ist es ganz leicht“ – die Welt der Start-ups kennen die meisten nur aus dem Fernsehen. Katja Ruhnke gibt uns im Interview einen Blick hinter die Kulissen der Szene.

Investments in Start-ups kennt der Otto Normalverbraucher wahrscheinlich erst, seitdem es die Sendung „Die Höhle der Löwen“ gibt. Ein paar Hunderttausend braucht man dafür wahrscheinlich schon, ein paar Milliönchen wären besser – denkt man. Ob das wirklich stimmt, habe ich mit Katja Ruhnke besprochen.

Katja Ruhnke wurde in einer Münchener Unternehmerfamilie groß. Investments waren für sie nichts Neues, doch Start-ups waren auch für sie Neuland. Nachdem sie die Führung der Unternehmensgruppe der Familie übernommen hatte, entdeckte sie die Start-up-Finanzierung für sich. Seitdem sieht es die zweifache Mutter als ihre Aufgabe an, anderen Frauen zu zeigen, wie einfach Start-up-Investments sein können. Ich war auch skeptisch, aber lest selbst.

Inga Back: Wir sollten vielleicht erst einmal die Basics abdecken. Fangen wir ganz klein an: Was ist denn überhaupt ein Business Angel?

Katja Ruhnke: Das ist tatsächlich eine gute Frage. Ich wusste das früher nämlich auch nicht. Ich bin selbst zum Start-up-Investment wie die Jungfrau zum Kinde gekommen. Der Business Angel hat zwei Flügel. Der eine Flügel ist das Kapital, das er gibt, und der andere Flügel ist das Know-How, sein Netzwerk und Support. Das unterscheidet uns von einem klassischen Finanzinvestor, der nur Kapital in eine Firma reingibt. Wir geben fast schon unser ganzes Ich mit rein. Manchmal auch nur die Schulter zum Anlehnen. Auch das ist für die Gründer mal wichtig, dass sie einfach mit jemandem reden können.

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Inga Back: Woher kommt deine Verbindung zur Start-up-Szene?

Katja Ruhnke: Ich habe zehn Jahre lang etwas ganz anderes gemacht. Ich stand auf der Bühne und war Musical-Darstellerin und bin dann zurück ins Familienunternehmen gekommen. Ich kümmere mich aber schon immer um das Thema Finanzanlagen. Ich lege schon seit X Jahren am Aktienmarkt an. Also seit ich erwachsen bin. Es ist einfach Teil unserer Familienhistorie, dass wir so unsere Vermögensanlage betreiben. So bin ich da ganz früh reingestoßen worden. Aber das Thema Start-ups, darüber wusste ich gar nichts, bis auf das, was ich aus “Die Höhle der Löwen” kenne. Also dachte ich, genauso funktioniert es. Du musst CEO von mindestens drei DAX-Konzernen sein, einen eigenen Homeshopping-Kanal haben, ein Vertriebssystem von hier bis Amerika usw. Nur so kannst du überhaupt in Start-ups investieren, weil sonst bist du gar nicht nützlich für ein Start-up. Das ist natürlich totaler Quatsch. Das habe ich dann auch festgestellt.

Du musst CEO von mindestens drei DAX-Konzernen sein, einen eigenen Homeshopping-Kanal haben, ein Vertriebssystem von hier bis Amerika usw. […] Das ist natürlich totaler Quatsch.

Inga Back: Wie kam es dann, dass du das erste Mal in ein Start-up investiert hast?

Katja Ruhnke: Durch einen Zufall. Ich bin von einem Freund, der ein Start-up hat, auf eine Veranstaltung mitgenommen worden, wo Start-ups vorgestellt wurden. Die Veranstaltung war von BayStartUP, das ist ein Start-up-Netzwerk hier in Bayern. Fünf Minuten nachdem ich den ersten Pitch gesehen habe, habe ich gedacht: Ich muss Start-up-Investorin werden.
Das ist der Hammer, weil man da wirklich am Puls der Zeit ist. Morgens geht die Welt unter in der Zeitung. Am Nachmittag sitzt du in der Konferenz bei Start-up-Pitches und denkst dir: Nein, sie geht nicht unter. Wir haben diese Gründer, die Leidenschaft. Wir haben die ganzen Technologien da draußen schon, um unsere Welt zu retten. Wir müssen sie jetzt auf die Straße bringen und diese Gründer mit Kapital, aber auch Wissen und Hilfe unterstützen.

Katja Ruhnke, Autorin von
Credit: Beshu Books

Katja Ruhnke zeigt in ihrem ersten Buch „Female Money“ auf, wie sie ihren Weg als Investorin in der Start-up-Szene gefunden hat und wie es ihr andere Frauen gleichtun können.

Inga Back: Von außen betrachtet wirkt es ein bisschen wie der Club der geheimen Investoren. Wohin gehe ich denn, wenn ich anfangen möchte?

Katja Ruhnke: Genau so ging es mir auch. Ich habe schon immer gedacht, “Die Höhle der Löwen” ist toll, aber ich hätte nicht im Traum gewusst, wie man da eigentlich hinkommt. Das ist auch der Grund, warum ich dieses Buch geschrieben habe („Female Money: Wie Investorinnen die Startup Welt verwandeln“ hier bei Amazon kaufen*). Es wirkt wie ein Geheim-Club. Aber das ist falsch, denn der Club will gar nicht geheim sein. Im Gegenteil, wir brauchen ja Kapital. Es ist so wichtig für den Wirtschaftsstandort Deutschland, dass wir in Start-ups investieren und Start-ups groß machen.
Mir hat nie jemand gesagt, dass man in Start-ups investieren kann. Dabei ist es ganz leicht. In Wirklichkeit sind Start-up-Investments für jedermann und jederfrau möglich, weil es ganz tolle Netzwerke gibt.

Ich habe fünf Tipps, wo man anfangen sollte, wenn man in Start-ups investieren möchte, die ich auch in meinem Buch bespreche. Der Erste: Such dir einen Sparringspartner. Ich habe meine Schwester. Und dann schließe dich verschiedenen Netzwerken an, die alle sehr offen sind, und sehr froh Investoren zu bekommen. Gerade für Frauen gibt es das Female Investors Netzwerk von Svenja Lassen aber auch Encourage Ventures, oder BayStartUP, über das ich reingekommen bin. Das ist ein gemischtes Netzwerk. Schließe dich Netzwerken an, und sag, dass du gerne an einer Start-up-Konferenz teilnehmen würdest.

Mir hat nie jemand gesagt, dass man in Start-ups investieren kann. Dabei ist es ganz leicht.

Inga Back: Kann man denn in Start-ups investieren, wenn man nicht gerade ein riesiges Vermögen hat?

Katja Ruhnke: Es geht mit viel kleineren Beträgen los, als man im Allgemeinen denkt. Man denkt ja sofort an Hunderttausende, Millionen. Aber man kann schon mit kleinen Beträgen von 5.000 bis 10.000 Euro anfangen zu investieren. Es gibt sehr tolle Möglichkeiten über Pooling zu investieren. Also über Treuhänder, wie zum Beispiel Prime Crowd oder Companisto, die dann die Beteiligung für einen übernehmen. Dann ist man nur ein Investor, kann aber trotzdem mit dem Start-up wunderbar zusammenarbeiten.
Es ist sowohl vom finanziellen Aufwand her als auch von dem Eintritt in diese Welt eigentlich ganz einfach. Man weiß es nur nicht. Und das ist tatsächlich meine Aufgabe, habe ich festgestellt. Zu sagen: Frauen da draußen, es ist ganz einfach. Ihr sollt nicht eure Altersvorsorge investieren, dazu ist ein Start-up-Investment bekanntlich zu riskant. Aber wenn ihr wirklich sagt, dass ihr auch persönlich etwas weiterzugeben habt und dabei helfen möchtet eine Firma groß zu machen, dann ist das einfach eine tolle Möglichkeit Vermögen anzulegen und im Zweifelsfall auch sehr nachhaltig.


Inga Back: So wie du darüber sprichst, macht es Lust direkt mitzuinvestieren, oder sich so eine Konferenz wenigstens einmal anzusehen. Was man aber schon dazu sagen muss ist, dass 5.000 bis 10.000 Euro durchaus noch eine Hürde sind. Die breite Masse hat eher kein Spielgeld in Höhe von 5.000 Euro.

Katja Ruhnke: Es gibt sehr viele Bestrebungen das Ganze zu demokratisieren. So könnte man anfangen über Token auf Bitcoin Basis in Start-ups zu investieren. Da kann man auch wirklich mit ganz kleinen Beträgen reingehen. Aber im Moment scheitert es noch an Regulierungs-Problematiken, also an der Gesetzeslage letztendlich. Also zum Beispiel, wenn man in einen Fonds investieren will, muss man sogar mit einer Mindestsumme von 200.000 Euro einsteigen. Das ist tatsächlich etwas, das auch in Zukunft viel diskutiert werden wird. Es gibt natürlich Crowdfunding-Geschichten, aber dann investierst du nicht. Du unterstützt zwar ein Start-up, aber du investierst nicht wirklich mit.

Inga Back: Kommen wir jetzt noch auf dein Buch zu sprechen. Dein Buch „Female Money: Wie Investorinnen die Startup Welt verwandeln“ erscheint im Zebra Cover. Magst du einmal erklären, wieso?

Katja Ruhnke: Coole Frage, das hat mich tatsächlich noch keiner gefragt. Es gibt in der Start-up-Welt die Einhörner, die alle Investoren da draußen suchen. Ein Einhorn ist ein Start-up, das eine Bewertung, also einen Firmenwert, von einer Milliarde hat. Da sitzen natürlich die ganz großen Gewinne drin. Allerdings sind Einhörner meistens Firmen, die sehr schnell skalieren. Also sehr schnell wachsen, und vielleicht nicht immer hundertprozentig gut wachsen. Oft wachsen sie auf Kosten von Mitarbeitern, Umwelt und Co. Ich möchte das nicht pauschalisieren. Das passiert nicht immer, aber oft.
Die Zebras sind das Gegengewicht der Branche. Sie haben eine Gewinnorientierung, weil wir der festen Überzeugung sind, dass man nur so einen Impact entwickeln kann. Es sind aber auch Unternehmen, die ein Problem lösen möchten – ein Umweltproblem oder ein gesellschaftliches Problem. Nicht auf Kosten anderer, sondern immer mit einer positiven Bilanz für die Welt und für die Mitarbeiter. Deswegen sagt man, dass die Einhörner die Fabelwesen sind, die es gar nicht gibt. Und die Zebras sind die realistischen Unternehmen, die wir eigentlich in der Welt brauchen.

Das Cover habe ich dann gewählt, weil wir selbst so investieren. Meine Schwester und ich suchen wirklich nachhaltige Unternehmen, die einen positiven Mehrwert für die Welt leisten. Plakativ gesagt: Wir investieren in Unternehmen, die die Welt ein Stück besser machen. Das hat man über verschiedene Studien auch herausgefunden, dass Frauen einfach gerne nachhaltiger investieren. Ihnen ist der Purpose, also der Zweck, wirklich wichtig. Dazu muss man aber sagen, das ändert sich. Auch die männliche Investoren-Landschaft entwickelt sich ganz stark in Richtung Nachhaltigkeit, wie ich finde.

Female Money: Wie Investorinnen die Startup Welt verwandeln
Credit: Beshu Books

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Inga Back: Kann man die Welt denn durch Investieren ein Stück besser machen?

Katja Ruhnke: Meine große These ist: Du wirst niemals einen richtigen Impact entwickeln, wenn du keine Marktmacht entwickelt hast. Erst wenn du ein echter Player am Markt bist, kannst du auch Regeln vorgeben und bestimmen. Deswegen müssen wir ganz früh anfangen, die Konzerne von heute mit aufzubauen. Hier kann man richtige Werte auf allen Ebenen eingeben, also sowohl im Geschäftszweck, aber auch in der Unternehmensführung. Wie gehe ich mit meinen Mitarbeitern um? Wie bezahle ich meine Mitarbeiter? Wie schaffe ich eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Unternehmen? Das sind alles Themen, die im Inneren eines Unternehmens stattfinden, und die sind genauso wichtig wie dass ein Unternehmen die Umwelt nicht schädigt.
Diesen gesellschaftlichen Hebel, den hat man als Investor. Wo hat man denn sonst schon so ein Gefühl? Bei meinem Kreuzerl bei der Wahl habe ich das nicht. Aber als Investor kann ich wirklich etwas mitgestalten. Ich kann die Wirtschaft mitgestalten und sozusagen die richtigen Unternehmen mit genügend Kapital versorgen. Das ist letztendlich meistens der Knackpunkt. Durch Kapital haben wir eine Chance auf eine wirklich bessere Welt.

Männer investieren in Männer.

Inga Back: Was liegt dir noch am Herzen?

Katja Ruhnke: Neben den Impact-Start-ups, in die wir investieren, ist mir natürlich auch das Thema Frauen wichtig. Wir haben zu wenig Frauen-Gründungen. Deswegen auch mal eine große Bitte an Frauen da draußen, die die Möglichkeit haben, in Start-ups zu investieren, das auch zu tun. Wir kriegen aufgrund der unbewussten Voreingenommenheit der Männer weniger Investments. Das weiß man einfach aus Studien. Das ist keine Absicht, das ist einfach. Männer investieren in Männer. Das Absurde daran ist, dass Studien auch ergeben haben, dass von Frauen geführte Unternehmen besser performen und weniger Ausfälle haben. Und trotzdem wird mehr in Männer investiert. Das ist natürlich im Grunde total unlogisch, aber es ist aus diesem unbewussten Verhalten heraus gemacht und deswegen ist es super wichtig, dass Frauen auch in Start-ups investieren. Damit von Frauen gegründete Start-ups mehr Chancen haben. Sie brauchen Kapital und das ist nun mal das, woran letztendlich alle scheitern. Frauen scheitern in der Start-up-Welt meistens, weil sie keine oder nicht genügend Investoren finden.

Vielen Dank für deine Offenheit und einfache Erklärweise dieses komplexen Themas, liebe Katja!

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