Hitzige Wortgefechte zwischen Eltern und ihrem heranwachsenden Kind sind keine Seltenheit. Der Teenager fordert neue Freiheiten ein und wir Eltern sind verunsichert, was wir ihm erlauben und zutrauen können.
Es fällt uns sehr schwer, das Kind, dass der Teen doch eben noch war, loszulassen. Und noch schwerer fällt es uns, die innige Beziehung, die wir bis dato hatten, loszulassen. Denn von heute auf gleich sind nicht mehr Mama und Papa die wichtigsten Personen in seinem Leben.
Während wir unseren Teenager noch als Kind wahrnehmen, weil er sich von Zeit zu Zeit auch wie eines benimmt und sehr unkluge Entscheidungen trifft, fühlt er selbst sich bereits erwachsen. Er fordert entsprechend mehr Freiheiten und will behandelt werden wie ein Erwachsener.
Dadurch entstehen häufig Momente, in denen unsere unterschiedlichen Vorstellungen und Wahrnehmungen aufeinander prallen und es zu Streit kommt. Wir Eltern glauben, zum Wohle des Kindes dazwischengehen zu müssen. Ganz zum Unmut des Teenagers, der seine Sachen alleine regeln will.
Und dann passiert es leider nicht selten, dass wir Dinge sagen und tun, die wir besser lassen sollten. Denn statt unseren Kindern damit zu helfen, stören wir damit das Vertrauen und die Beziehung zu uns.
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Sätze, die Eltern im Zusammenleben mit einem Teenager deshalb meiden sollten, sind die folgenden:
Du bist faul.
Das veränderte Verhalten von Teenagern ist oft, was Eltern erzürnt. Plötzlich ziehen sich die Kinder zurück, schlafen mehr und länger und wenn sie dann mal ihr Zimmer verlassen, dann nur, um sich mit Freunden zu treffen.
Die bisherigen schulischen Leistungen können in der Hochphase der Pubertät (zwischen 14 und 16 Jahren) auch abfallen. Und im Haushalt mitzuhelfen, scheint ihnen nie schwerer gefallen zu sein. Grund genug für Eltern, ihrem Kind Faulheit vorzuwerfen.
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Doch das Gemeine ist, dass sich Teenager diesem Label annehmen. Sagen wir Eltern nur oft genug, dass unser Kind faul ist, wird es das früher oder später glauben. „Meine Eltern erwarten, dass ich XY nicht mache oder schaffe, dann mache ich’s auch nicht.“
Die Sache mit der Pubertät ist, dass sie wahnsinnig anstrengend ist für Kinder. Sowohl körperlich als auch geistig. Es passieren so viele Prozesse gleichzeitig in seinem Gehirn und seinem Körper, dass es völlig normal ist, dass ein Teenager mehr Zeit für sich braucht. Das hat oft also gar nichts mit Faulheit zu tun.
Um dennoch nicht den Kontakt zum Kind zu verlieren, sollten Eltern einfühlsam sein und ihr Kind positiv bestärken. Es sollten gemeinsam Vereinbarungen getroffen werden, von Ruhezeiten bis Haushaltsdienste. Dem Kind Verantwortung geben und ihm Zugeständnisse machen, das ist der Balanceakt für Eltern eines pubertierenden Teenagers.
Warum bist du nicht wie deine Schwester/ dein Bruder?
Vergleiche vermitteln einem Menschen, dass er, so wie er ist, nicht ausreichend und richtig ist. Vergleiche mit anderen, vermeintlich besseren, fleißigeren oder intelligenteren Menschen nagen am Selbstbewusstsein und schüren noch dazu negative Gefühle der anderen Person gegenüber.
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Statt sich also mit anderen zu vergleichen oder vergleichen zu müssen, sollten wir unseren Teenager erkennen lassen, was ihn besonders macht und vielleicht auch einzigartig. Wir sollten ihn deshalb loben und noch mehr loben, wenn er oder sie etwas gut macht oder gerne macht oder besonders fleißig macht.
Ich bin enttäuscht von dir.
Von einem geliebten Menschen gesagt zu bekommen, dass man ihn enttäuscht hat, gehört wohl zu einem der schrecklichsten Gefühle, die man durchleben kann. Man fühlt sich schuldig und schämt sich maßlos.
Einem Teenager, der sowieso orientierungslos und emotional verwirrt ist, kann ein solcher Satz von den Eltern regelrecht den Boden unter den Füßen wegziehen. Denn eigentlich sollten seine Eltern sein sicherer Hafen sein, seine Konstante.
Statt Vorwürfe zu hören, möchte ein Teenager, der sich seinen Eltern anvertraut, vor allem Hilfe. Aus diesem Grund hat er oder sie sich überhaupt erst an die Eltern gewandt. Deshalb sollten Eltern und Teen gemeinsam besprechen, was zu dem Problem geführt hat und versuchen, gemeinsam eine Lösung zu finden.
In ein paar Jahren spielt das keine Rolle mehr.
Der erste Liebeskummer, die erste wirklich schlechte Note, Streit mit der besten Freundin oder dem besten Freund, das Leben steckt voller erster großer Enttäuschungen. All die Gefühle, die ein Kind bzw. Teenager dann fühlt, können überwältigend sein.
Schnell wollen wir Eltern unserem Kind emotional zur Seite springen und sagen dann sowas wie, „In ein paar Jahren spielt das keine Rolle mehr“.
Wir glauben, damit können wir unser trauriges oder wütendes Kind beruhigen und vielleicht sogar aufmuntern. Stattdessen vermittelt ein solcher Satz aber, „Was du fühlst, ist nicht richtig, übertrieben und nicht wichtig.“ Er erkennt Gefühle ab, statt Mitgefühl zu vermitteln.
Selbes gilt für den Satz:
Du übertreibst!
Es gibt unzählige Situationen, die in unseren erwachsenen Augen nicht schlimm scheinen. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie das nicht für unseren Teenager sind. Mit einem, „Du übertreibst!“ ziehen wir die Gefühle unseres Kindes sogar ins Lächerliche.
Da ist es besser, nur zuzuhören und das Kind vielleicht in den Arm zu nehmen. Und noch besser, wenn man versucht, die Gefühle zu verstehen und seinem Kind vermittelt, dass es okay ist, diese Gefühle zu haben. Ansonsten kann es passieren, dass ein Teenager sich völlig verschließt und Dinge nur noch mit sich selbst ausmacht.
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Du bist zu jung, um das zu verstehen.
Schon kleine Kinder können komplexe Sachverhalte verstehen, wenn man sie ihnen nur altersgerecht erklärt. Jemandem zu sagen, er sei zu jung, um etwas zu verstehen, ist eigentlich eine Art zu sagen, deine Meinung zu diesem Thema zählt nicht (für mich).
Eltern setzen ihren Teenager herab, wenn sie ihm seine Meinung oder seine Gedanken zu einem Thema absprechen. Implizit schwingt sogar ein, „du bist zu dumm dafür“ mit.
Das kann sehr am Selbstvertrauen eines Teenagers nagen und dazu führen, dass sich das Kind zurückzieht. Hören wir uns also an, was unsere Kinder zu sagen haben und erklären wir es ihnen entsprechend, wenn er oder sie etwas nicht (richtig) verstanden hat.
Dafür bist du doch längst zu alt.
Könnten wir Eltern unsere Kinder vor allem Leid und Übel der Welt bewahren, würden wir es vermutlich tun. Das ist zumindest oft die Motivation hinter einem Satz wie, „Dafür bist du doch längst zu alt“.
Wenn der Teenager mit einem unkonventionellen Outfit losziehen will oder ein Hobby verfolgt, von dem wir Eltern glauben, es könnte komisch bei anderen Menschen ankommen, tendieren wir dazu, es ihm auszureden, bevor etwas (Negatives) passiert. Wir möchten sie damit schützen, weil wir glauben, dass sich jemand deshalb über sie lustig machen könnte.
Statt es aber vor negativen Erfahrungen zu bewahren, sind wir es mit einer solchen Aussage, die das Kind sich schlecht oder beschämt fühlen lassen. Wir nehmen ihm in diesem Moment den Spaß und die Freude an etwas.
Ich kümmere mich darum.
Es ist schwer als Eltern loszulassen und das Kind machen zu lassen. Vor allem dann, wenn es einem von Problemen erzählt oder Fehlern, die ihm unterlaufen sind. Schließlich hat man sich in den zurückliegenden Jahren um alles gekümmert.
Doch für die Eltern-Kind-Beziehung und das Selbstvertrauen des Kindes ist es wichtig, dass man ihm Vertrauen entgegenbringt und es machen lässt. Oder so lange wartet, bis es nach Hilfe fragt. Und auch dann sollte man nicht alles an sich reißen, sondern gemeinsam mit dem Kind nach Lösungen suchen.
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Das ist doch nur eine Phase.
Wenn Teenager ihre Sexualität entdecken und vielleicht auch Gefühle oder Identitäten hinterfragen, kann das für uns Eltern ein sensibles Thema sein. Vielleicht reagieren wir unsicher oder überfordert – und neigen dazu, die Situation mit einem Satz wie „Das ist nur eine Phase“ abzutun. Doch genau das sollten wir nicht tun.
Hinter dem Satz steckt eine Abwertung dessen, was das Kind gerade empfindet. Jugendliche erleben ihre Emotionen und Identitätsfindung sehr intensiv. Ihnen zu sagen, dass das, was sie fühlen, nur vorübergehend ist, kann das Vertrauen zu uns Eltern erschüttern. Es vermittelt ihnen das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden – oder schlimmer noch, dass mit ihnen etwas nicht stimmt.
Gerade in der Pubertät ist es essenziell, dass Teenager sich sicher fühlen, ihre Gefühle und ihre Identität in einem geschützten Rahmen zu erkunden. Eltern müssen nicht alles verstehen, aber sie sollten bereit sein, zuzuhören und ihr Kind zu unterstützen, anstatt vorschnelle Urteile zu fällen.
Denn ob eine Orientierung oder ein Gefühl bleibt oder sich verändert, ist letztlich nicht entscheidend – was zählt, ist, dass das Kind weiß: Meine Eltern akzeptieren mich, so wie ich bin.
Spannend dazu: Wie Eltern ihre Kinder in deren Identitätsfindung unterstützen sollten, zeigen diese prominenten Beispiele:
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Billy Ray und Miley Cyrus
Mileys Papa, Country-Sänger Billy Ray Cyrus, war übrigens schon immer sehr offen und weitsichtig. Und angesprochen auf die Sexualität seiner Tochter äußerte er in einem Interview: "Hören Sie, alles basiert auf Liebe und Licht. Sie macht Rock'n'Roll und hat Spaß. Die Welt braucht Liebe. "
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Eliot 'Coco' Sumner und Papa Sting
Stings Tochter Eliot ist offen bisexuell. Ihr Papa, schon immer Aktivist für Menschenrechte und Gleichberechtigung, hatte absolut kein Problem damit. Ihm - so wie vielen anderen Eltern heute - war es immer wichtiger, dass seine Tochter glücklich ist, als irgendwelchen Normen zu entsprechen.
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Eliot Coco Sumner und Sting
In einem Interview auf seine Tochter angesprochen antwortete Sting ziemlich cool: "Die ganze Frage der Sexualität ist wirklich seltsam für mich. Ich meine, wir haben doch alle ein homosexuelles Gen, oder?"
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Robert De Niro
Normalerweise spricht Hollywood-Star Robert De Niro äußerst selten über seine Familie. Doch nach der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA und all seinen homophoben und fremdenfeindlichen Äußerungen, sah sich De Niro gezwungen, seine Stimme für die LGBT-Gemeinde zu erheben.
"Ich mache mir große Sorgen, eines meiner Kinder ist schwul und hat Angst, auf eine bestimmte Weise behandelt zu werden", so der Schauspieler.
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Robert De Niro
Bei dieser Gelegenheit sprach der Schauspieler auch über seinen Vater, Maler Robert De Niro Sr., der 1993 an Krebs gestorben ist. Erst in den letzten Jahren vor dessen Tod hat der Schauspieler erfahren, dass sein Vater homosexuell war.
"Er hat seine Homosexualität auf konfliktreiche Weise gelebt. Ich wusste nicht, dass er schwul ist. Jetzt wünschte ich, wir hätten mehr über seine Homosexualität gesprochen. Aber meine Mutter hat den Dialog im Allgemeinen verweigert und wenn sie ein bestimmtes Alter erreichen, sprechen sie über solche Dinge nicht mehr. Er hatte nie den Mut, darüber zu sprechen, erst in den letzten Jahren hat er sich geöffnet."
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Cher und Chaz Bono
Cher ist eine Ikone der LGBT*-Gemeinde. Schon seit vielen Jahrzehnten setzt sie sich für die Rechte von Schwulen und Lesben ein und kämpfte als eine der ersten an vorderster Front für HIV- und AIDS-Prävention.
Als ihr Kind, Tochter Chastity Sun, ihr gestand, dass sie im falschen Körper geboren sei und als Mann leben möchte, war es für die Sängerin privat absolut kein Problem. Jedoch machte ihr die öffentliche Berichterstattung große Sorgen. Sie wollte ihr Kind vor Vorurteilen und Bosheiten schützen.
Zwischen 2008 und 2010 durchlief Chaz Sun eine vollständige Geschlechtsanpassung.
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Cher
Als Chaz seiner Mutter das erste Mal sagte, was er tun wollte, antwortete sie: "Nun, wenn du unglücklich bist, musst du es tun." Die Dinge sind seitdem einfacher geworden und Cher hat ihren Sohn immer unterstützt, besonders bei seinen TV-Auftritten.
Etwas Wichtiges zum Schluss: Dieser Artikel soll nicht noch mehr Druck auf Eltern ausüben als sie sowieso schon spüren. Niemand ist perfekt und alle Eltern machen Fehler.
Denkt immer daran, dass ihr gemeinsam wachst. Während euer Kind lernt, erwachsen zu werden, lernt ihr, Eltern eines Kindes zu sein, das erwachsen wird. Und wer lernt, macht eben auch Fehler. Lasst euer Kind stets wissen, dass ihr immer da seid, bereit, ihm zu helfen, wenn es Hilfe braucht. Lasst es wissen, dass ihr es bedingungslos liebt und dass es euch alles anvertrauen kann, ohne dafür verurteilt oder gar bestraft zu werden.
So werdet ihr gemeinsam durch die Pubertät gehen und alle großen und kleinen Schwierigkeiten meistern.
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