Wir kennen schon die überfürsorglichen Rasenmäher– und Helikoptereltern, die eher passiven U-Boot-Eltern und die sehr strengen und autoritären Tigereltern. Fehlt eigentlich nur noch eine Bezeichnung für all jene, die irgendwie zwischen all diesen Erziehungsstilen liegen.
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Vielleicht sind die Qualleneltern, was wir suchen? Sie gelten, um beim Bild der Qualle zu bleiben, die sich wirbellos durch kleinste Öffnungen zwängen kann, als besonders flexibel und kompromissbereit. Sie passen sich ihren Kindern an und versuchen nicht, die Kinder anzupassen. Strenge Regeln, Druck oder einen festen Terminplan sucht man bei ihnen vergebens.
Aber fehlt es diesen Eltern vielleicht einfach nur an Rückgrat, Autorität und Strenge oder welches Ziel verfolgt diese Art der Erziehung? Und vor allem, was wird aus ihren Kindern? Reifen sie zu besonders selbstständigen Erwachsenen oder werden sie unerträgliche Egoisten?
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Das sind typische Qualleneltern
Wie bei allen Elterntypen gibt es selbstverständlich Abstufungen. Die folgenden Eigenheiten beziehen sich auf klassische Qualleneltern. Ob ihr euch am Ende selbst so bezeichnen wollt, wenn ihr euch darin wiedererkennt, bleibt natürlich euch überlassen.
Qualleneltern sind typischerweise:
- locker, was Regeln und Termine angeht. Statt starrerer Zeitpläne findet man bei ihnen vermehrt ungeplante Zeit.
- darauf bedacht, was das Kind denkt und fühlt. Die kindlichen Gefühle nehmen sie als Grundlage, sich für oder auch gegen etwas zu entscheiden.
- keine Fans von Zwang und Vorgaben. Statt ihrem Kind Sport, Musik oder andere Hobbys vorzugeben, lassen sie ihr Kind entscheiden. Auch, wenn das bedeutet, dass es gar nichts macht und stattdessen seine freie Zeit zu Hause verbringt.
- nicht böse oder machen Druck, wenn ein Kind ein Hobby abbrechen will, einfach, weil es keine Lust mehr darauf hat. Wo andere Eltern das Kind zwingen, eine Sache zu Ende zu bringen, lassen Qualleneltern den Nachwuchs diskussionslos aufhören.
- sehr flexibel und kompromissbereit.
- sehr einfühlsam.
Vorteile der Quallenerziehung
Kinder von Qualleneltern lernen früh, dass ihre Meinung und ihre Gefühle von Wert sind. Das schafft ein großes Selbstwertgefühl und letztendlich auch Selbstbewusstsein. Zudem haben diese Kinder die Möglichkeit, sich voll und ganz mit sich selbst zu beschäftigen. Niemand gibt ihnen vor, welchen Sport sie bspw. ausprobieren sollten oder welches Musikinstrument sie zu lernen haben.
Kinder von Qualleneltern wachsen typischerweise ohne jeglichen Zwang auf. Auch schulischen Druck seitens der Eltern werden sie nie kennenlernen. Dafür haben sie gelernt, selbstständige Entscheidungen zu treffen.
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Nachteile der Quallenerziehung
Doch genau diese Selbstständigkeit im Fällen von Entscheidungen, sowohl schulischer als auch außerschulischer Dinge, kann es Kindern schwer machen, Autoritäten, Grenzen und Regeln anzuerkennen. Schließlich wurden Entscheidungen bisher basierend auf ihren Gefühlen und Wünschen gefällt.
Da Kinder von Qualleneltern gelernt haben, dass vornehmlich zählt und gemacht wird, was sie möchten, kann das auch dazu führen, dass sie egoistisch und eigensinnig handeln.
Zu Ende bringen mussten sie typischerweise auch nie etwas. Sobald sie keine Lust mehr auf etwas haben, erlauben ihnen die Eltern, damit aufzuhören. Das kann sich negativ auf die Schule oder später den Job auswirken. Schließlich macht beides auch nicht jeden Tag Spaß.
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Erziehungsexpert*innen warnen außerdem davor, dass diese Art der Erziehung Kindern zu viel zumuten kann. Gerade, wenn sie noch sehr jung sind, fehlt es ihnen an Erfahrung, um richtige Entscheidungen zu treffen. Zu viel Freiheit kann sie teilweise überfordern.
Fazit zu Qualleneltern
Erziehung ist immer persönlich. Eltern entscheiden sich für die eine oder andere Art, weil sie der festen Überzeugung sind, so das Beste für ihr Kind zu tun. Dass dabei nicht immer alles positiv ist und auch mal etwas schiefgehen kann, liegt wohl schon in der Natur der Menschen.
Deshalb ist es wichtig, dass Eltern auf ihr Bauchgefühl hören, wenn es darum geht, was gut für ihr Kind ist. Dazu gehören manchmal Grenzen und manchmal Freiheiten. Vermutlich ist ein Mittelweg in Sachen Erziehungsstil also immer einem extremen vorzuziehen. Die Mischung macht’s, sozusagen.
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