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Erziehung: Sollten Eltern den Kontakt zu ‚falschen‘ Freunden verbieten?

Vier Freunde ziehen Grimassen bei einem Selfie.
© AdobeStock/ Jacob Lund

Mischt man sich als Eltern in Freundschaften der Kinder ein oder hält man sich aus allem raus?

Kinder suchen sich ihre Freunde alleine aus. Aber was, wenn man als Mutter oder Vater ein komisches Gefühl bei dem einen hat? Sollte man sich in die Freundschaft einmischen?

Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass meine Eltern nicht mit all meinen Freund*innen einverstanden waren. Nicht, weil sie kriminell oder gefährlich gewesen wären, aber, weil sie mich nicht immer meine beste Seite haben zeigen lassen.

Meine Eltern haben nie etwas gesagt und am Ende scheine ich eine ganz normale Erwachsene geworden zu sein. Aber hätte das vielleicht auch anders laufen können? Sollten Eltern ihren Kindern Freund*innen verbieten, wenn sie das Gefühl haben, ihr Einfluss ist zu negativ?

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Oder macht das diese Kinder gerade interessant? Wie reagiert man als Eltern, wenn man den Freundeskreis des Kindes gar nicht mag?

Kinder brauchen Freunde

Freundschaften bei Kindern unterscheiden sich ein wenig, je nach Alter des Kindes. Bei kleinen Kindern geht es bei ihren Freundschaften, die oft spontan und kurzzeitig sind, darum, sich selbst einen Vorteil zu verschaffen.

Oft hört man Sätze wie, „Kann ich mitspielen, ich bin doch dein Freund“ oder „Darf ich auch XY haben, ich bin doch dein Freund“. In jungen Jahren suchen wir keine Freund*innen, um uns besser zu fühlen und nicht alleine zu sein, sondern weil wir uns einen Vorteil davon versprechen.

Erst mit zunehmendem Alter (etwa ab dem Grundschulalter) wird eine Freundschaft fester und stärkt die eigene Person. Als Kinder lernen wir, dass wir mit einem Freund oder einer Freundin an der Seite mehr Spaß haben und mehr Einfluss nehmen können.

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Außerdem lernen wir, neben dem Vertrauen von und zu unseren Eltern, das Vertrauen von und zu anderen Personen. Wir bilden eine Einheit mit dem oder den Freund*innen und grenzen uns von anderen ab – Gleichaltrigen wie Eltern.

Freundschaften – egal ob bei Kindern oder Erwachsenen – helfen uns, uns wohlzufühlen, Vertrauen zu haben, unsere Gefühle zu zeigen, uns abzugrenzen und Konflikte anzusprechen und zu lösen.

Warum glauben Eltern, dass manche Freunde besser sind als andere?

Als Eltern erwischt man sich recht früh dabei, den einen Freund oder die eine Freundin des Kindes besser zu finden als den oder die anderen. Das hat ganz einfach etwas mit unseren Vorstellungen und Erwartungen zu tun und mit der Sympathie oder Antipathie einer anderen Person gegenüber.

Wir Eltern erziehen unsere Kinder nach unseren Werten und Moralvorstellungen. Und wenn ein*e Freund*in des Kindes mit ganz anderen Werten aufwächst, die unseren vielleicht sogar komplett widersprechen, dann erzeugt das bei uns erst einmal Skepsis und oft eine Abwehrhaltung. Wir finden das Kind deshalb unsympathisch und glauben, dass sein Einfluss nicht gut sein kann.

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Was tun, wenn das Kind ‚falsche‘ Freunde hat?

Solange die Kinder noch klein sind, also im Kindergartenalter, braucht man sich in der Regel keine Gedanken um diese Freundschaften zu machen. Meist erledigen sie sich mit dem Eintritt in die Schule, wenn die Kinder in unterschiedliche Klassen oder Schulen gehen.

Ab dem Grundschulalter werden die Freundschaften der Kinder fester und rücken auch in eine andere Perspektive. Freund*innen werden mit zunehmendem Alter wichtiger für die Kinder. Und die suchen sich ihre Freunde und Freundinnen ganz nach ihren Bedürfnissen aus. Man kann dem Kind eine Absicht unterstellen bei der Wahl seiner Freund*in, einen Grund, sich genau für diese*n und keine*n andere*n Freund*in zu entscheiden.

Deshalb gilt: Solange Leib und Leben nicht in Gefahr sind und so lange das Kind mit seiner Freundschaft zufrieden ist, sollte man als Eltern gar nicht eingreifen. Auch nicht, wenn man glaubt, es besser zu wissen.

Denn so schwer es uns fällt, das zuzulassen: Auch unsere Kinder müssen schlechte Erfahrungen machen. Sie müssen auch in einer Freundschaft lernen, dass es nicht nur gute Menschen gibt, sondern auch diejenigen, die andere nur benutzen und ausnutzen.

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Eltern sollten neutral bleiben

Wenn es Streit gibt unter Freund*innen, tendiert man als Mutter oder Vater dazu, dem Kind gut zureden zu wollen. Bei einem Freund bzw. einer Freundin, den oder die man selber mag, ist man geneigt, den Konflikt zwischen den Freund*innen kleinzureden. Bei einem Freund bzw. einer Freundin, den oder die man gar nicht mag, neigt man dazu, den Konflikt aufzubauschen und den oder die ungeliebte*n Freund*in so loszuwerden.

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Doch genau das sollte man nicht tun. Man sollte als Eltern für das Kind da sein, sich seine Probleme anhören, wenn es sich öffnet und es ernst nehmen. Auf gar keinen Fall sollte man versuchen, das Problem für das Kind zu lösen.

Wenn sich Streitereien länger hinziehen oder auch, wenn man das Gefühl hat, das Kind ‚leidet‘ unter der Freundschaft, sollte man es ansprechen und gemeinsam nach Lösungen suchen.

Was tun, wenn Drogen und Gewalt im Freundeskreis auftreten?

Auf der Suche nach ihrer eigenen Identität können Kinder auch an Menschen geraten, die Drogen nehmen, gewalttätig sind oder anders kriminell. Als Eltern möchte man den Kontakt am liebsten sofort unterbinden. Statt eines strikten Verbots, Hausarrest oder anderen Strafandrohungen sollte man aber besser versuchen, mit dem Kind zu reden.

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Im direkten Austausch kann man über die eigenen elterlichen Ängste sprechen und mögliche Gefahren aufzeigen. Man zeigt dem Kind damit, dass man da ist. Es ist wichtig, dass das Kind weiß, dass es sich seinen Eltern anvertrauen kann. Mit puren Drohungen und Verboten kommt man nicht weiter und erreicht womöglich das Gegenteil, von dem, was man bezwecken will.

Kommt man irgendwann gar nicht mehr durch zu seinem Kind, sollte man professionelle Hilfe, z. B. von Familienberatungsstellen in Anspruch zu nehmen.