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Forschung beweist: Teenager hören ihren Eltern nicht mehr zu

Porträt eines Mädchens, ca. 14 Jahre, das mit verschränkten Armen und ernstem Blick vor einem Bücherregal steht.
© Getty Images/ Oliver Rossi

Die Forschung erklärt, warum dein Teenager jetzt eher auf Fremde hört als auf dich

Hast du im Gespräch mit deinem Teen öfter das Gefühl, er hört nicht richtig zu. Dein Gefühl trügt dich nicht. Und die Wissenschaft kann es beweisen und erklären.

Es mag ja sein, nein, es wird ganz sicher so sein, dass Dinge, die mich interessieren, wenig bis gar kein Interesse bei meinen Kindern wecken. Die beiden (11 und 14 Jahre alt) haben ihre ganz eigenen Realitäten. Dennoch kommt es hin und wieder zu Überschneidungen. Allerdings nur dann, wenn etwas, dass ich ihnen vielleicht schon vor ein, zwei oder drei Tagen erzählt habe, ihnen brandneu von einem Freund oder einer Freundin erzählt wurde.

Dann ist der neue Film, Laden oder die Serie plötzlich hochinteressant. Als ich nur wenige Tage vorher davon berichtet habe, wurde mir kaum bis keine Aufmerksamkeit geschenkt. Dass meine Kinder mir nicht (mehr) zuhören, hat aber nichts mit meinen fehlenden Kommunikationsfähigkeiten zu tun, sondern mit ihrer Gehirnentwicklung.

Was die Gehirnforschung über Teenager und ihre Eltern verrät

Um zu beweisen, dass es nicht das subjektive Empfinden der Eltern ist, wenn es heißt, Teenager hören (ihnen) nicht richtig zu, schauten sich Wissenschaftler*innen der Stanford Universität Gehirnscans von Kindern im Alter zwischen 7 und 16 Jahren genauer an. Und das, während die Kids die Stimme ihrer Mutter, einer fremden Sprecherin und anderer, nicht sozialer Umweltgeräusche hörten. Die Gehirnaktivität wurde gezielt in Bereichen gemessen, die mit Belohnung und sozialer Bewertung in Verbindung stehen.

Die Ergebnisse zeigen deutlich:

Jüngere Kinder (bis 12 Jahre) zeigten eine höhere Aktivität im Bereich des Gehirns, der für Belohnungen zuständig ist, wenn sie die Stimme ihrer Mutter hörten im Vergleich zu nicht-familiären Stimmen und Geräuschen.

Im Gegensatz dazu zeigten ältere Kinder (ab 13 Jahre) eine erhöhte Aktivität in diesem Bereich, wenn sie die Stimme der fremden Sprecherin hörten.

Was genau passiert im Gehirn?

In der Kindheit sind wir Eltern für unsere Kinder das Zentrum ihrer Welt. Besonders unsere Stimme, die Stimme der Mutter, ist eine Quelle der Sicherheit, Geborgenheit und der Belohnung. Es ist wissenschaftlich belegt, dass das Gehirn von Kleinkindern und jungen Kindern besonders auf die Stimme der Mutter reagiert, eben so, als wäre sie eine Art Belohnung.

Während der Pubertät verändert sich dieses Muster schlagartig. Der Grund dafür ist ein umfassender Entwicklungsprozess im Gehirn, der auch als „neuroplastische Umstrukturierung“ bezeichnet wird.

Interessanterweise bedeutet das aber nicht, dass die Beziehung zu den Eltern zerstört wird (wenn sie auch zeitweilig gestört sein kann). Es handelt sich vielmehr um eine Art Neuorientierung des Gehirns, das nun auf andere soziale Einflüsse fokussiert wird. Wir Mütter verlieren nicht unsere Bedeutung, aber unsere Stimme ist nicht mehr der „Belohnungsschalter“, der er früher einmal war.

Diese Veränderung hilft unseren Teenagern, sich Stück für Stück von der Familie zu lösen und ihren ganz eigenen Platz in der Welt zu finden.

Was bedeutet das für Eltern?

Dieser Prozess mag für uns als Eltern zunächst frustrierend sein, doch es ist eine völlig natürliche Entwicklung. Wir sollten uns also nicht persönlich angegriffen fühlen, wenn das pubertierende Kind uns nicht mehr zuhört oder uns nicht mehr als die wichtigste Autorität wahrnimmt.

Es ist vielmehr ein Zeichen dafür, dass sich sein Gehirn auf eine neue Phase vorbereitet, in der Unabhängigkeit und soziale Integration in den Vordergrund rücken.

Wie können wir mit dieser Veränderung umgehen?

Was können wir also als Eltern tun, wenn unsere Teenager uns nicht mehr so zuhört wie früher? Ein erster Schritt ist, Verständnis zu zeigen und die Veränderungen als Teil der natürlichen Entwicklung zu akzeptieren. Statt unsere Kinder zu kritisieren, weil sie uns nicht mehr hören, können wir versuchen, ihre Perspektive nachzuvollziehen. Indem wir weiterhin ein offenes Ohr für sie haben und in eine respektvolle Kommunikation investieren, schaffen wir eine stabile Basis für die Beziehung, auch wenn sie sich in einer neuen Form zeigt.

Außerdem ist es wichtig, dass wir uns als Eltern nicht völlig aus dem Leben unserer Kinder zurückziehen. Wir sollten weiterhin als vertrauensvolle Bezugsperson präsent sein, auch wenn wir nicht mehr der Mittelpunkt ihres sozialen Universums sind. Geben wir unseren Teenagern ein bisschen mehr Raum, um ihre eigenen Erfahrungen zu machen. Zeigen wir aber trotzdem weiterhin unsere Unterstützung, damit sie wissen, dass wir immer noch für sie da sind.

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