Für uns ist sie Dank des Feiertags am Donnerstag und einem beweglichen Ferientag geschafft, Woche acht des Homschoolings – zumindest hier im Rheinland. Und auch wenn wir uns hier zu Hause schon ziemlich gut eingespielt haben und es seitens der Kinder keine Diskussionen (mehr) über die Erledigungen ihrer Wochenaufgaben gibt, so erzeugt der bloße Gedanke daran, dass wir unsere Kinder bis zu den Sommerferien die meiste Zeit zu Hause unterrichten werden, Herzrasen und Angstschweiß bei mir. Gepaart mit einer riesigen Portion Frust.
Denn seit acht Wochen wuppen wir wie alle anderen Eltern in Deutschland nicht nur den eigenen Job, sondern auch den des Lehrers – und den des Kochs, der Nachmittagsbetreuung (OGS), der Putzfrau und des Babysitters.
Natürlich sind es unsere Kinder und natürlich sind wir für sie verantwortlich, aber wir sind auch nur Menschen. Und jeder Mensch hat eine Belastungsgrenze. Es existiert das schöne Sprichwort, „Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen“. Unsere Dörfer sind uns weggebrochen und zurück bleiben ausgebrannte Eltern, die Angst haben, ihr Kind verliert den (schulischen) Anschluss.
Also raffen wir uns jeden Tag aufs Neue auf und versuchen, unsere Kinder zu unterrichten. Alte Lernstoffe zu wiederholen und neue gemeinsam zu erkunden. Lehrer sind wir aber nicht. Uns fehlen pädagogische Ansätze, Lernkonzepte und Anleitung. Und es ist da dieser Druck. Andere Eltern schaffen es auch. Also muss ich, müssen wir es auch schaffen. Neben dem eigenen Job, dem Haushalt und allem anderen.
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Mentale Gesundheit vor Schulaufgaben
Und so zwingt man sich dazu. Man treibt die Kinder und sich selbst an. Arbeitet nach, was man am Vormittag nicht geschafft hat und sitzt bis in den späten Abend an den eigenen Aufgaben. Und mit jedem weiteren Tag und Abend, an dem man das genau so macht, verliert man sich selbst ein Stück.
Denn Zeit für sich und den Partner, geschweige denn für die Familie, bleibt nicht. Irgendwann macht man Feierabend und fällt erschöpft ins Bett, nur um am nächsten Tag genauso weiterzumachen.
Das ist frustrierend und nagt vor allem an den Nerven. Man wird zunehmend gereizter und Kleinigkeiten reichen aus, um laut zu werden. Oder völlig die Nerven zu verlieren und weinend am PC oder über den Schulaufgaben der Kinder zu sitzen.
Das ist nicht nur nicht gut für die eigene Psyche, sondern damit verstören wir auch unsere Kinder. Nicht damit, mal traurig oder gestresst zu sein. Aber mit unserer dauergereizten Stimmung. Damit, jeden Moment aus dem Nichts explodieren zu können.
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Dagegen hilft nur eines: weniger Stress. Doch wie soll das in der aktuellen Situation gehen? Nur mit Abstrichen. Stehen also wichtige Termine an im Job, ein Call oder eine Abgabefrist, dann lasst die Schulaufgaben ruhen und auch alles andere. Auch wenn das bedeutet, dass das eigene Kind nicht so weit gearbeitet hat wie die Klassenkameraden. Auch wenn das bedeutet, sich einzugestehen, es nicht zu schaffen, so wie alle anderen. Und auch wenn das bedeutet, nur noch Lieferdienste auf Kurzwahltaste zu haben.
Unsere (mentale) Gesundheit sollte uns viel mehr wert sein, als der ‚Wettkampf‘ mit anderen Eltern. Jeder von uns hat seine ganz eigenen Grenzen, die einen verschieben sie weiter, die anderen nicht. Wir sollten aber auf gar keinen Fall andere bestimmen lassen, wo unsere Belastungsgrenze ist.
Nutzt angebotene Hilfe oder fragt danach
Das Gute ist, dass die meisten Lehrer sehr viel Verständnis für Eltern in der aktuellen Lage haben. Schafft ihr es einfach nicht mehr, Schulaufgaben und eigene Arbeit miteinander zu kombinieren, wendet euch an die Klassenlehrerin oder den Klassenlehrer eures Kindes. Bittet um mehr Zeit, um Tipps, eurem Kind den Lernstoff näherzubringen oder andere Hilfestellungen.
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Fragt explizit bei der Schulleitung nach, ob auch euch unter Umständen ein Platz in der Notbetreuung zustünde. Keinem Kind sollen durch das Homeschooling Nachteile entstehen. Vor allem deshalb besteht in Deutschland sonst regulär die Pflicht, in der Schule anwesend zu sein. Jedes Kind soll die gleichen Möglichkeiten haben zu lernen, unabhängig von seiner Herkunft oder seinem sozialen Umfeld. Das gilt auch jetzt in der Krisenzeit.
Informationen über weitere Hilfsangebote für Eltern während der Corona-Krise findet ihr auf der Seite des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.