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Psychologie: Kann ein Trauma vererbt werden?

Frau die sich in Stoff räkelt
Welchen Einfluss haben unsere Gene auf Traumata? Credit: Adobe Stock

Traumata können jeden von uns treffen und unser gesamtes Leben beeinflussen. Aber ist es auch möglich, ein Trauma zu vererben?

Inhaltsverzeichnis

Triggerwarnung: In diesem Artikel geht es um Traumata. Bei manchen Menschen kann dieses Thema negative Reaktionen auslösen. Bitte sei achtsam, wenn das bei dir der Fall ist und lese den Text nur, wenn du dich dazu bereit fühlst oder mit jemandem zusammen.

Was ist ein Trauma?

Das Wort „Trauma“ kommt aus dem griechischen und bedeutet so viel wie „Wunde“ – diese Beschreibung trifft es ziemlich gut. Denn ein Trauma entsteht durch eine belastende Situation oder ein Ereignis, das sich nur schwer bewältigen lässt.

Dazu zählen beispielsweise Ereignisse wie schwere Unfälle oder Erkrankungen, aber auch psychische, körperliche oder sexuelle Gewalt. Ähnlich wie eine körperliche Verletzung, braucht es Zeit, bis ein Trauma verheilt ist.

Oftmals ist der Heilungsprozess allerdings mit schweren Hürden und einer Menge Leid verbunden, das sowohl den Betroffenen selbst, als auch nahestehende Personen, viel abverlangt.

Frau die sich in Stoff räkelt

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Wie äußert sich ein Trauma?

Ein Trauma kann sich durch verschiedene Symptome äußern. Denn genauso wie jedes Trauma individuell ist, können sich Folgen und Nachwirkungen unterschiedlich zeigen.

Die WHO hat mit einer medizinischen Klassifikationsliste die ICD-10 ins Leben gerufen. Darin enthalten sind Codes für Krankheiten, Anzeichen, Symptome, Beschwerden, soziale Umstände und äußere Ursachen von Verletzungen oder Krankheiten. Um eine Diagnose einer PTBS (Post-traumatischen-Belastungsstörung) nach ICD-10 zu erfüllen, sind mehrere Kriterien ausschlaggebend:

  • Die betroffene Person war für einen kürzeren oder längeren Zeitraum einem belastenden Ereignis ausgesetzt, das sich durch eine außergewöhnliche Bedrohung oder ein katastrophales Ausmaß auszeichnet.

  • Die betroffene Person leidet unter nachhaltigen Erinnerungen (wie beispielsweise durch Flashbacks).

  • Zudem muss die betroffene Person entweder nicht in der Lage sein, sich an das gesamte Ereignis zu erinnern, oder sie leidet unter einer erhöhten psychischen Sensitivität, welche sich im Sinne von Ein- und Durchschlafstörungen, erhöhter Schreckhaftigkeit, Konzentrationsschwierigkeit, Reizbarkeit oder Wutausbrüchen äußern kann.

  • Die Symptome müssen innerhalb von sechs Monaten nach dem traumatischen Erlebnis stattgefunden haben, andernfalls spricht man in diesem Sinne von einer PTBS mit verzögertem Beginn. Diese kann auch erst nach vielen Jahren auftreten.

Die traumatischen Erlebnisse können sich nachfolgend in körperlichen, aber auch psychischen Schmerzen und Leiden äußern. Häufige körperliche Begleiterscheinungen sind:

  • Erschöpfung
  • Schwindel
  • Verdauungsprobleme
  • Atemprobleme
  • Beschwerden im Bereich des Herzens

Zu den häufigsten psychischen Begleiterscheinungen gehören:

  • Angst und Panik
  • Niedergeschlagenheit
  • Verzweiflung
  • Ärger und Wut
  • Scham- und Schuldgefühle
  • Ekel
  • Hoffnungslosigkeit

Epigenetik und Vererbung

Der Begriff Epigenetik setzt sich aus den beiden Worten Epigenese und Genetik zusammen und fungiert als Bindeglied zwischen äußeren Einflüssen aus der Umwelt und unseren Genen. Die Epigenetik bestimmt, wann und unter welchen Umständen Gene eingeschaltet und wann sie stummgeschaltet werden.

Forscher*innen wollen mithilfe der Epigenetik erklären, wieso beispielsweise bei einem Menschen eine genetische Erkrankung ausbricht, der genetisch identische Zwilling allerdings von der Krankheit verschont bleibt. Auch Ängste und Traumata können dabei eine Rolle spielen.

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Vererbtes Trauma: Ist das möglich?

Der Begriff „Vererbtes Trauma“ ist schwer zu definieren. Denn ein traumatisches Erlebnis wird nur von der Person erlebt, die es im und am eigenen Körper erfahren hat.

Doch die traumatischen Erfahrungen einer Person können nachfolgende Generationen beeinflussen. Denn Kinder können Körpersprache und Emotionen lesen. Dafür müssen die Eltern noch nicht einmal über ihr Trauma sprechen.

Epigenetische Spuren könnten eventuell auch weitergegeben werden, allerdings ist die Evidenz hierfür alles andere als eindeutig. Die Folge: Kinder der traumatisierten Eltern oder Großeltern, tragen das Risiko mit sich, ängstlicher zu sein und stressbedingte Krankheiten zu entwickeln.

Alon Chen, Direktor des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie, erklärt in einem Interview mit der Deutschen Welle: „Wenn eine Mutter großem Stress ausgesetzt ist oder die epigenetische Signatur von ihren Eltern geerbt hat, verändert das die Art und Weise, wie sie mit ihren Kindern umgeht.“

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Äußere Einflüsse und Umwelt

Auch Prof. Dr. Iris Kolassa, Leiterin der Abteilung Klinische und Biologische Psychologie der Universität Ulm, beschäftigt sich schon seit langer Zeit mit dem Thema. In einem Gespräch mit uns erklärt sie, dass traumatisierte Mütter zum Zeitpunkt der Geburt eines Kindes häufiger zusätzlichen Stressoren ausgesetzt sind als nicht-traumatisierte Mütter.

Zudem sind sie häufiger arbeitslos, alleinerziehend und haben einen niedrigeren sozioökonomischen Status. Auch psychische Erkrankungen und Partnerschaften, die von Gewalt geprägt sind, kommen öfter vor.

Diese Risikofaktoren können das Kindeswohl beeinflussen und erhöhen das Risiko, dass das Kind selbst an einer psychischen Störung leidet.

Dem Stress entgegenwirken

Es gibt jedoch einige Schutzfaktoren, die einen positiven Einfluss auf den Verlauf nehmen können, so Prof. Dr. Kolassa. Darunter fallen Faktoren wie eine gesunde Ernährung, soziale Unterstützung (bzw. Freunde), eine feste Tagesstruktur, ausreichend Schlaf und körperliche Aktivität.

Eine professionelle Behandlung ist dann notwendig, wenn typische Symptome einer Traumafolgestörung oder Depression vorliegen, die zu Problemen bzw. Leistungs- und Funktionseinbußen im Beruf, in der Familie oder in der Freizeit führen.

Auch wenn Betroffene sich für eine Therapie entscheiden, bleibt zumeist eine Wunde, mit der man aber lernen kann, umzugehen. Prof. Dr. Kolassa beschreibt den Vorgang wie folgt: „Man kann es sich so vorstellen wie eine Verletzung. Dann ist dort ja auch eine Wunde und das Gewebe ist narbig – es wird jedenfalls nicht mehr ganz so, wie es mal war.“

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Therapeutische Hilfe annehmen

Auch ein Mensch mit großer Resilienz, also großer Widerstandsfähigkeit, kann manche Dinge nicht alleine schaffen. Daher ist es wichtig, dass sich Betroffene professionelle Hilfe suchen und gemeinsam mit einem Therapeuten oder einer Therapeutin das erfahrene Leid aufarbeiten.

Falls ihr selbst betroffen sein solltet und unter den Auswirkungen eines Traumas leidet, findet ihr hier verschiedene Anlaufstellen und Hilfsangebote:

Telefonseelsorge
Deutsche Traumastiftung
Traumahilfe e.V.

Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel dient lediglich der Information und ersetzt keine ärztliche Diagnose. Treten Unsicherheiten, dringende Fragen oder akute Beschwerden auf, solltet ihr eure Ärztin oder euren Arzt kontaktieren oder in der Apotheke um Rat fragen. Über die bundesweite Nummer 116117 ist der ärztliche Bereitschaftsdienst erreichbar.