Inhaltsverzeichnis
- Unglücklich verliebt: Warum Mr. Right vielleicht doch nicht der Richtige ist
- Unglücklich verliebt: Sind Exfreunde und Väter an allem Schuld?
- Unglücklich verliebt: Warum wir wollen, was uns weh tut
- Unglücklich verliebt: Das Gehirn vom Gegenteil überzeugen
- Unglücklich verliebt: Das Muster ändern
Die Zeichen stehen auf Sturm. Ein unverbindliches „Ich melde mich“ zum Abschied, tagelanges Warten auf eine SMS. Nichts. Und dann, wenn wir eigentlich die Hoffnung schon fast aufgegeben haben, kommt sie doch noch, die Nachricht. Meist zu später Stunde und meistens mit etwa diesem Inhalt: „Spontan Lust, bei mir vorbeizukommen?“ Herzklopfen, Alarmglocken, Freude – das alles mischt sich jetzt miteinander. Er hat sich doch noch gemeldet. Vielleicht fand er mich doch toll. Ganz bestimmt sogar, sonst hätte er sich die SMS auch sparen können. Obwohl. Will er vielleicht nur mit mir ins Bett? Soll ich wirklich hinfahren? Warum hat er sich nicht schon viel eher gemeldet?
Frauen scheinen im Zeichenlesen – zumindest in Bezug auf Männer – oft nicht die Besten zu sein. Wie kann es sonst sein, dass so viele Singles immer wieder vor dem Problem stehen, sich auf die für sie falschen Männer einzulassen? Dr. Ragnar Beer, Psychologe und Leiter des Projekts ‚Theratalk‘ an der Universität Göttingen, plädiert zunächst einmal für mildernde Umstände: „Man kann nicht generell sagen, dass sich alle Frauen immer in den Falschen verlieben. Das trifft bei weitem nicht auf alle zu.“ Statt sich danach zu fragen, warum man sich in den angeblich falschen Mann verliebt hat, sollte man sich besser überlegen, was genau an ihm so falsch war, so Dr. Beer.
Unglücklich verliebt: Warum Mr. Right vielleicht doch nicht der Richtige ist
Wer auf der Suche nach einer festen Beziehung ist, die auch in der Zukunft Bestand hat, für den ist unter Umständen der Enddreißiger in Dauerpartylaune nicht unbedingt der Richtige. Und wie wir schon in dem Film ‚Er steht einfach nicht auf dich‘ gelernt haben, brauchen wir uns keine Hoffnungen zu machen, wenn sich ein Mann wochenlang erst gar nicht und dann nur mit einer SMS für eine Verabredung zu einem intimen Dinner bei ihm zu Hause meldet. Doch leider nützt dieses Wissen rein gar nichts, wenn uns der vermeintliche Mr. Right begegnet ist. Und wir felsenfest davon überzeugt sind, dass er – obwohl er sich kaum meldet oder alles dafür spricht, dass er sein jetziges Leben mit niemanden teilen möchte – perfekt zu uns passt.
„In wen wir uns verlieben, ist eben keine Entscheidung, die wir bewusst treffen“, so Dr. Ragnar Beer. Verantwortlich für das Verliebtsein sind bestimmte Programme, die im Gehirn ablaufen und die man gemeinhin mit ‚Die Chemie stimmt‘ umschreibt. Da stellt sich dann die Frage, warum unser Gehirn es überhaupt zulässt, dass wir uns immer wieder in Männer verlieben, die uns nicht guttun.
Unglücklich verliebt: Sind Exfreunde und Väter an allem Schuld?
Die These, dass dieses Verhalten in unserer Kindheit begründet liegt, ist nur eine von vielen. Scheidungskinder, so liest man oft, sind später häufig ängstlich, eine Beziehung einzugehen – oder suchen ganz im Gegenteil krampfhaft nach dem einen, richtigen Partner fürs Leben. Und wenn einen der Vater mit Liebe überhäuft hat, so sei es kein Wunder, dass man später nur jenen Partner akzeptieren kann, der einen auf ähnliche Weise vergöttert. „Natürlich werden wir von unseren Eltern geprägt, nichts fällt einfach so vom Himmel“, so Dr. Beer. „Das nennen wir in der Psychologie ‚Lernen am Modell‘.“
Genau in diesem Lernverhalten ist interessanterweise auch der Grund dafür zu finden, warum wir Frauen uns oft in Männer verlieben, die eigentlich gar nichts für uns sind. „Erfahrungen, die man irgendwann mit Männern – sei es mit dem eigenen Vater oder mit früheren Partnern – gemacht hat, setzen sich im Gehirn als Muster fest. Dort sind sie etwas Bekanntes und werden als etwas, vor dem man keine Angst haben muss, bewertet“, erklärt Dr. Ragnar Beer.
Unglücklich verliebt: Warum wir wollen, was uns weh tut
Das heißt im Klartext: Ist es uns einmal passiert, dass sich ein Mann unserer Liebe entzieht, speichert das Gehirn dieses Muster ab. Und zwar ganz unabhängig davon, ob es für uns ein eigentlich negatives oder positives Erlebnis war. Was bekannt ist, wird vom Gehirn als etwas Sicheres eingestuft, und so spricht unterbewusst gar nichts gegen den Mann, der sich genauso verhält wie jener, der uns enttäuscht hat. „Auch, wenn wir es längst besser wissen müssten, tun wir unbewusst und wie auf Autopilot das, was wir gewohnt sind: Dem, der uns zurückweist, hinterherlaufen“, erklärt der Psychologe.
Unglücklich verliebt: Das Gehirn vom Gegenteil überzeugen
Dass das Gehirn Gewohntes als Positives abspeichert, ist im Prinzip sehr sinnvoll. Fahren wir zum Beispiel Auto, müssen wir uns über die Gangschaltung irgendwann keine Gedanken mehr machen. Wenn es jedoch so ist, dass wir Zurückweisungen und das verzweifelte Suchen nach Liebe als etwas Positives bewerten, dann hilft nur noch eins: uns bewusst machen, was wir wirklich wollen.
„Gib den Männern eine Chance, die du sonst nicht unbedingt wahrnimmst“, empfiehlt Dr. Beer. Anfangs werden wir uns dabei natürlich unsicher fühlen, weil dieser Mann nicht dem gewohnten Beuteschema entspricht. „Aber das Gehirn kann lernen, dass eben genau diese neuen Eigenschaften viel besser für uns sind“, erklärt Dr. Beer. „Das Gehirn braucht etwas Zeit, um das Neue als positiv abzuspeichern, denn die alten Muster und Gewohnheiten werden nicht so leicht überschrieben. Aber, wenn wir wirklich daran arbeiten, kann es funktionieren.“
Unglücklich verliebt: Das Muster ändern
Natürlich ist das anfangs nicht leicht und mit Sicherheit auch ein schwieriger Prozess. Doch, wenn wir uns mit unseren Vorstellungen für die Zukunft auseinandersetzen und uns genau überlegen, was für einen Partner wir an der Seite haben möchten, gewinnen wir letztlich an Lebensqualität. Schließlich geht es um unser ganz persönliches Glück. Und das sollte wichtiger sein als der angebliche Traumtyp mit den coolen Klamotten, dem unwiderstehlichen Charme oder dem Händchen fürs Künstlerische, der uns am Ende doch nicht glücklich machen kann.
Deshalb: Gib Mr. Right die Chance dich kennenzulernen und verschließ dich nicht länger dem netten Typ Mann. Vielleicht ist er nämlich genau der Richtige für dich!
Unser Experte Dr. Ragnar Beer leitet an der Universität Göttingen das Projekt ‚Theratalk‘. Zusammen mit seinem Team hat er u.a. einen Partnerschafts-Test entwickelt, der die im Artikel angesprochenen Muster sichtbar machen kann.