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Freundschaft vs. Zweckgemeinschaft: Daran erkennst du, woran du bist

Zwei Freundinnen sitzen nebeneinander und trinken Kaffee
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Vorab im Video: Kleiner Freundeskreis: Das sagt ein kleiner Freundeskreis über dich aus.

Manchmal haben wir Lebensabschnitts-Freundschaften. Und das ist völlig ok so – vorausgesetzt beide Seiten schätzen das auch so ein. Was unterscheidet lebenslange Freundschaften von sogenannten Zweck- bzw. Interessengemeinschaften? Und sind die deshalb unehrlich?

Inhaltsverzeichnis

Es ist etwas Wunderbares, Freunde zu haben. Es ist so schön, weil es eben auf totaler Freiwilligkeit beruht, dass jemand Zeit mit uns verbringen will. Sich für uns und unsere Gedanken interessiert.

Es gibt keine Blutsverwandtschaft, die uns dazu verpflichtet. Wir sind weder verwandt noch sonst irgendwie miteinander verbunden. Es ist auch nicht Liebe oder sexuelle Anziehung, die uns verbindet. Es ist einfach eines: Sympathie füreinander und der Wunsch, einander nahe zu sein.

Aber so schön das auch sein mag, es gibt absolut unterschiedliche Arten von Freundschaft. Und die eben beschriebene ist halt die Kür.

Daneben existieren aber auch lockere Freundschaften, alte Freundschaften, wo sich beide auseinandergelebt haben, sich aber immer noch mögen. Freundschaft unter Kollegen und Kolleginnen, Bekanntschaften beim Sport, Trainingspartner*innen usw. Kaum eine Freundschaft, die einer anderen komplett gleicht.

Es gibt unterschiedliche Arten von Freundschaften

Und genau aus diesem Grund dürfen wir auch nicht immer die gleichen Maßstäbe anlegen und enttäuscht sein, wenn nicht jede Freundin so tief und herzlich für uns fühlt, wie die alte Sandkastenfreundin. Und das ist ok so, denn nicht immer brauchen wir den Deep Talk mit der engsten Freundin.

Leider ist uns das nicht immer bewusst und dann sind wir verletzt, wenn sich eine vermeintlich sehr enge Freundin eben doch in unseren Augen lieblos, uninteressiert und egoistisch verhält.

Dabei sollten wir auch hier ehrlich zu uns sein: Es gibt eben diese Art Freundschaft, die nicht für sich Bestand hat, sondern einen Zweck erfüllt. Zweckgemeinschaften eben, wie z.B. Frolleginnen, mit denen wir uns über den Job austauschen und uns gegenseitig beruflich weiterhelfen können. Oder auch sogenannte Interessengemeinschaften, wie z.B. Bekanntschaften beim Sport, die uns helfen, uns regelmäßig zum Sport aufzuraffen.

Wenn beide Seiten von dieser Art Freundschaften profitieren und keiner sich ausgenutzt fühlt, sind sie sehr bereichernd.

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Was unterscheidet Zweck- von Interessengemeinschaften?

Ich selbst kenne das von ehemaligen Kolleg*innen. Man hat sich täglich gesehen. Oftmals mehr als den Partner oder die Partnerin und dann geht einer von beiden beruflich neue Wege und von einem Tag auf den anderen sieht man sich nie wieder.

Oder man besucht einen Sportkurs, trainiert ewig lang hart Seite an Seite, und dann irgendwann ändert man sein Freizeitprogramm und für den anderen ist kein Platz mehr darin.

Die meisten werden das auch aus der Schulzeit kennen. Oder vom Abi. Vorher unvorstellbar. Die BFF und große Tränen. Und dann kam der neue Lebensabschnitt und der Kummer war schnell vergessen.

Klar, gibt es Freundschaften, die all diese Veränderungen im Leben überstehen. Und genau das sind dann diejenigen, die man als „Sandkastenfreunde“, als „gute, alte Freunde“ oder als „beste Freunde“ bezeichnet.

Aber wenn die Beziehung zu diesen Menschen die räumliche oder zeitliche Trennung nicht übersteht, dann waren das eben eher Interessen- oder Zweckgemeinschaften. Freundschaften mit einem Verfallsdatum.

-> Bei einer Interessengemeinschaft gibt es immer ein verbindendes Element, also ein gemeinsames Interesse, wie ein Sport, eine Ausbildung, die Schulzeit.

-> Bei einer Zweckgemeinschaft geht es immer darum, dass beide Seiten davon profitieren, also z.B. Menschen, die uns beruflich weiterbringen und die wir aber nur auf diesem Terrain treffen.

Diese Beziehungen müssen deshalb nicht schlecht sein. Sie bereichern ja durchaus unser Leben, weil wir dank dieses Menschen gemeinsame Wünsche und Ziele verfolgen und erreichen können. Diese Gemeinschaften sind halt nur immer an ein bestimmtes Thema gebunden.

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Daran erkennst du, dass es eine Interessen- bzw. Zweckgemeinschaft ist, statt einer Freundschaft

Falls du noch überlegst, was typisch für eine solche zeitlich begrenzte Freundschaft ist: Hier ein paar Dinge, die typisch für eine Interessen- bzw. Zweckgemeinschaft sind:

  • Es geht bei euren Gesprächen zwar um das, was euch gerade beschäftigt, bewegt, traurig oder wütend macht. Es sind durchaus tiefe Gespräche, aber meist redet dabei jeder für sich, auf eine bestimmte Art und Weise. Man wirft sich jeweils Stichworte zu. Der eine erzählt von seinem Jobstress und der andere hakt sofort ein und erzählt, wie viel Stress er selbst hat.
  • Oftmals nutzt auch einer von beiden die Gelegenheit, sich alles von der Seele zu reden. Der andere wird zum Kummerkasten und darf zuhören – um dann letztlich heim zu gehen, ohne auch nur irgendwas gefragt worden zu sein. Ich nenne das immer gern „Ausspeichern“, wenn jemand sein Gegenüber nur als stummen Zuhörer braucht.
  • Es gibt immer wieder Phasen, auch längere, in denen beide keine Zeit für einander haben – bzw. sie sich nicht nehmen. Auch wenn man es ehrlich meint mit dem „Lass uns unbedingt ganz bald wieder sehen. Ich vermisse dich!“, so kommt es doch nie zu einem Treffen, weil andere Dinge eben immer wichtiger sind. Das passiert auch bei echten, guten Freunden, aber eben nicht so regelmäßig.
  • Eure Gespräche bleiben immer auf einem gewissen Niveau. Eine wirkliche Tiefe vermeiden beide – unbewusst oder bewusst. Intimes oder Dinge, die einander verletzlich oder angreifbar machen würden, werden eher ausgespart. Auch wenn sich die Gespräche tiefgehend anfühlen, so bleibt doch immer etwas unausgesprochen.
  • Noch ein Anzeichen: Das Interesse des anderen ist zwar da und auch absolut echt und lieb gemeint, dennoch umfasst das Interesse nicht alle Bereiche deiner Person und deines Lebens. Eine wichtige Prüfung, eine Operation, ein größerer Gefallen, der nötig wäre – all das passt eben nicht immer für den anderen. Er vergisst auch schon mal nachzufragen oder Hilfe anzubieten, wenn es für ihn gerade zu stressig ist.
  • Bei einer Interessengemeinschaft steht zudem immer ein gemeinsames Hobby oder Interesse im Vordergrund. Der Kumpel, mit dem man auf jede Kinopremiere geht. Die Freundin, mit der man Joggen geht oder der gute Freund, mit dem man gern Kurztrips macht. Entfällt das gemeinsame Interesse, verliert man sich auch mehr und mehr aus den Augen.
  • Beide Arten von Freundschaft, also die Interessen- und die Zweckgemeinschaft, zeichnet auch aus, dass sie zeitlich begrenzt sind. Ähnlich wie ein*e Lebensabschnittspartner*in sind das Lebensabschnitts-Freundschaften.

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Deshalb sind diese Gemeinschaften gut und wichtig

Das Gute ist: Auch Zweck- und Interessengemeinschaften leisten uns wichtige Dienste. Sie motivieren uns, helfen uns in Jobfragen oder wenn wir Beratung brauchen oder einfach nur, wenn wir jemanden suchen, für einen Kaffee oder ein Glas Wein. Diese Freundschaften sind nicht schlecht, nur weil sie eben ein wenig mehr an der Oberfläche bleiben.

All diese hier genannten Anzeichen für eine Lebensabschnitts-Freundschaft klingen womöglich kalt und lieblos, aber letztlich sind diese Arten befreundet zu sein total ok und trotzdem schön.

Oft haben wir eben eine feste Bezugsperson im Leben, den Partner, die Partnerin, unsere Familie, Eltern, Kindern, beste Freundinnen, Verwandte. Und darum herumgruppieren sich alle anderen Menschen, die wir mögen und die uns wichtig sind. Aber eben drumherum, und das ist der Punkt.

Ebenso wie es den meisten Menschen schwerfallen dürfte, polyamor zu leben, also mehrere Liebesbeziehungen gleichzeitig zu führen, so sind auch sehr enge Freundschaften nicht unbegrenzt möglich bzw. sinnvoll. Nicht jede Freundschaft kann und sollte einer BFF sein, die alles mit uns teilt.

Niemand braucht 500 beste Freund*innen, für die er immer ein offenes Ohr hat, für die er immer springen würde, wenn es nötig ist. Es mag Ausnahmen geben, schließlich gibt es ja auch Menschen, die Polyamorie glücklich macht, aber das muss man auch können und man muss der Typ dafür sein.

Und aus diesem Grund sind auch Interessen- und Zweckgemeinschaften, Menschen, mit denen man nur kocht, nur Sport macht, nur am Wochenende ausgeht, nur über den Job verbunden ist, bereichernd für unser Leben. Auch wenn sie nicht so deep sind, wie eine Liebesbeziehung oder die Liebe zur besten Freundin.

Der wichtigste Punkt ist wie immer: Beide müssen sich damit wohlfühlen und beide müssen die Freundschaft auch so sehen, wie sie ist. Gut und erfüllend, aber eben auf eine bestimmte Art und oft in einem bestimmten Kontext.

Wenn man sich dessen bewusst ist, dann sind diese Menschen genauso wertvoll auf ihre Art, wie das engste Freunde sein können. Aber eben wohlgemerkt auf ihre Art.

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