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Liebe alte weiße Männer: Dürfen wir mitspielen?

Dürfen wir mitspielen?
Dürfen wir mitspielen? Credit: GettyImages

Stell dir vor, du würdest eine Gruppe von Leuten fragen: Darf ich mitspielen? Und die Antwort auf diese Frage wäre: Ja, in 300 Jahren. Was würdest du tun? Welcome! So ungefähr fühlen wir Frauen uns. Über Gleichberechtigung und unendlich viele Hausaufgaben, die wir immer noch vor uns haben.

Für all die Frauen, die denken: Warum noch Feminismus? Uns geht es doch schon gut. Wir sind doch schon emanzipiert und gut dran: 300 Jahre. Das ist die Zeit, laut Uno-Frauenrechtskommission, die wir noch weiter kämpfen und reden müssen, bis wir von einer wirklichen Gleichberechtigung sprechen können. Ein Bericht des Weltwirtschaftsforums ist da noch ein wenig optimistischer. Laut ihm sind wir in 132 Jahren gleichberechtigt.

Fakt ist: Wir mögen uns noch so aufgeklärt fühlen, unsere Gesellschaft tickt immer noch nach dem alten Muster. Vor ein paar Jahren kam das Bild des alten weißen Mannes auf. Es steht für sehr viel in diesem Kontext.

Und nein, das hat wenig mit Männerhass zu tun. Feminismus bedeutet nicht, die Gesamtheit aller Männer dafür zu hassen, dass sie extreme Privilegien genießen und das schon verdammt lange. Aber wir kommen leider, liebe Männer, nicht umhin, dieses Missverhältnis zu benennen und unseren Finger in die Wunde zu legen. Und dafür ist das Bild des alten weißen Mannes wichtig und richtig.

Dürfen wir mitspielen?

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Was steckt hinter dem Bild des alten weißen Mannes?

Laut der wunderbaren Autorin Sophie Passmann ist mit „alter weißer Mann“ nicht zwangsläufig jeder Mann gemeint, der alt und weiß ist. „Das Gefühl der Überlegenheit gepaart mit der scheinbar völligen Blindheit für die eigenen Privilegien macht für mich eher dieses Feindbild aus“, schreibt sie. Zudem seien es all die Männer, die Frauen ekelhaft angehen, sich breitmachen, Frauen nicht ernst nehmen oder unangenehm auffallen.

Während man sich in der Schulzeit noch immer das Genörgel der Jungs anhören dürfte, Mädchen hatten es ja viel leichter in der Schule. Sie müssten einfach nur dasitzen und lächeln und würden eine 3 bekommen fürs Nichtstun. Jungs hingegen würden von den Lehrer*innen kritisiert und würden für die gleiche Nicht-Leistung eine 4 oder 5 kassieren.

Irgendwann in der Zeit nach der Schule verstummte diese Kritik und man hat sich nichts weiter dabei gedacht, bis einem dann auffiel: Aus gutem Grund ist die Kritik verstummt. Denn in der Zwischenzeit ist etwas passiert, was den ehemaligen Jungs nur zu deutlich aufgefallen sein dürfte: Sie sind es, die die Privilegien besitzen. Sie sind es, die es einfach haben. Also besser mal still sein und genießen.

Willkommen, in der Welt des Gender Pay Gaps und all der anderen Gaps, die die Welt für Frauen bereithält.

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Die Werkeinstellung für Männer lautet: Alle Türen stehen dir offen

Der Autor, Publizist, Journalist und Blogger Sascha Lobo hat über die Spezies, des alten weißen Mannes gesagt, er gehöre zu der am wenigsten diskriminierten Gruppe in der westlichen Zivilgesellschaft, es gäbe keine Tür, die ihm verschlossen bleibt. Die Werkeinstellung für diese Menschen sei einfach extrem privilegiert, was den wenigsten bewusst sein dürfte.

Und klar, es dürfte ungefähr so sein, wie wenn man weiß, dass man einen Tausender mehr verdient als die Kollegin neben einem. Sagt man dann, dass man derart besser dran ist als sie oder schweigt man lieber, um seinen vermeintlichen Vorteil nicht einzubüßen? Genauso dürfte es den Männern gehen.

Warum sollten sie uns Frauen sagen, dass wir laut Gender Pay Gap 18 % weniger verdienen, trotz gleicher Fähigkeiten? Warum sollten sie uns sagen, dass wir deutlich mehr Care-Arbeit als sie leisten und unsere Karriere unterbrechen und an die Wand fahren, weil wir uns „ganz automatisch“ dafür verantwortlich fühlen, zu Hause beim Kind zu bleiben? Klar, warum sollte man da sagen: Du, ich werde hier gerade übervorteilt zu deinen Ungunsten? Zumal es ja irgendwie immer schon so war.

Damit Frauen aber gleichberechtigt leben können, kommen wir leider nicht umhin, dass Männer endlich eingestehen, dass ihr extrem privilegierter Status in dieser Gesellschaft nicht immer nur ihrer Leistung geschuldet ist und dass sie es einfach leichter haben. Und aus dieser Erkenntnis heraus sollten wir dann etwas ändern.

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Wichtig wäre es, endlich mal anzupacken bei den Dingen, die alle miteinander zusammenhängen und die Misere so umfangreich und groß erscheinen lassen.

Das Ziel hat auch Bundeskanzler Olaf Scholz kürzlich in seinem podcast formuliert: „Ich bin überzeugt, dass wir alle profitieren – Wirtschaft, Politik, Kultur und Gesellschaft –, wenn Frauen gleich viel zu sagen haben. Wenn wir Erwerbs- und Sorgearbeit gerecht aufteilen und wenn Frauen strukturell gleich viel wie Männer verdienen. Das ist meine Aufgabe. Und es ist eine gemeinsame Aufgabe von uns allen, unabhängig vom Geschlecht.“

Nur, wenn wir grundlegend etwas ändern, können wir wirkliche Gleichberechtigung erreichen. Dass Frauen Kinder großziehen und dafür beruflich zurücktreten, dass sie die Care-Arbeit leisten, wird gerne damit begründet, dass sie eben weniger verdienen oder nur Teilzeit arbeiten und deshalb die Zeit hätten, sich zu kümmern, während der Mann der Hauptverdiener ist. Aber hier beißt sich die Katze ja in den Schwanz. Solange wir diesen Kreislauf nicht unterbrechen, wird sich kaum etwas ändern. Da kann auch eine Frauenquote nur marginal etwas dran ändern.

Es wäre wichtig, dass jeder Mensch nicht nur einen Job hat, mit dem er Geld verdient, sondern dass sich jeder nebenbei auch Zeit nimmt für das, was wir als Care-Arbeit verstehen, also sich in der Familie einsetzen, den Haushalt stemmen, sich um Kinder, ältere Menschen und benachteiligte Gruppen zu kümmern. Dass all das weder bezahlt noch wirklich wertgeschätzt wird, ist schlimm genug. Hier müssen wir umdenken und die einseitige Last auf beide Partner*innen verteilen.

Der Fokus unseres gesellschaftlichen Lebens liegt sehr auf Geldverdienen. Der soziale Aspekt fällt da meist hinten runter. Es würde unsere Gesellschaft sehr bereichern, wenn jeder sich hier einbringt und nicht nur ein Teil der Bevölkerung.

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In 300 Jahren werden wir gleich sein

300 Jahre soll es noch dauern, bis die Gleichstellung von Männern und Frauen erreicht sei, das besagt die Uno-Frauenrechtskommission. Gleichzeitig hat Uno-Generalsekretär António Guterres vor der Uno-Vollversammlung in New York vor massiven Rückschritten bei den Rechten von Frauen und Mädchen weltweit gewarnt. Die Gleichstellung zwischen Frauen und Männern rücke in immer weitere Ferne.

Müttersterblichkeit, die Verdrängung von Mädchen aus Bildungseinrichtungen, Kinderehen und die unhaltbare Situation von Frauen und Mädchen in Afghanistan und dem Iran – das klingt alles so weit weg und lässt sich deshalb immer wieder mal aus dem Kopf verdrängen. Aber es existiert und für all diese Mädchen und Frauen geht es kein Stück weit aufwärts. Vor diesem Hintergrund wirken unsere Probleme wie reine First World Problems und man fühlt sich absolut mies.

Aber dennoch dürfen wir nicht die Hände in den Schoß legen. Wir sind es nicht nur uns selbst, sondern auch und sehr viel sogar den Frauen dieser Welt schuldig, dass wir weitermachen, für eine gerechtere Zukunft.