Egal ob man nur schnell die neuesten News checken will oder dem besten Freund oder der besten Freundin ein Update geben möchte – das Smartphone ist immer an unserer Seite und dominiert unseren Alltag. Doch gerade in Beziehungen kann das zum Verhängnis werden. Wir klären euch über das Phänomen „Phubbing“ auf und verraten euch, was dahinter steckt.
Was bedeutet Phubbing?
Phubbing ist ein englisches Kofferwort, das 2013 für eine Marketingkampagne eines australischen Wörterbuchverlages entstanden ist. „Macquarie“ hieß das Wörterbuch und die Kampagne, die später sogar viral ging, „Stop Phubbing“. Der Begriff setzt sich zusammen aus dem englischen Verb „snubbing“, also „to snub“, was so viel bedeutet wie jemanden vor den Kopf stoßen und brüskieren, und dem englischen Wort „Phone“, also für Smartphone bzw. Telefon allgemein.
Gemeint ist damit das Phänomen, dass man auf sein Smartphone schaut, obwohl man in Gesellschaft von jemandem ist. Und das tun letztlich die meisten von uns. Sei es, dass wir mit jemandem gerade essen oder mit unserem Partner romantisch zusammen sitzen. Dann packt uns die Sucht nach dem kleinen, viereckigen Ding. Nur um ganz kurz zu schauen, ob wer geschrieben hat, sei es per Whatsapp oder Mail oder sonstwie. Und was laut Umfragen rund 40 Prozent im Alter von 18 bis 24 Jahren sowieso mehr als 50 Mal pro Tag tun, tun wir in diesem Fall halt im Beisein von jemandem, der eigentlich gerade mit uns kommunizieren möchte.
Warum Phubbing echt mies ist
Oftmals ist uns gar nicht bewusst, wie sehr wir damit unser Gegenüber vor den Kopf stoßen. Denn er nimmt sich gerade Zeit, um uns Gesellschaft zu leisten. Live und in Farbe und eben nicht per SMS oder Chat. Phubbing beschreibt recht treffend die Unart, die virtuellen Freunde und Nachrichten einer realen Person in diesem Moment vorzuziehen.
Schlimmstenfalls schauen wir auf unser Smartphone, während der andere gerade etwas Wichtiges erzählt, vielleicht sogar etwas, was ihn fertig macht. Das hat dann psychologisch gesehen die Eleganz und Empathie eines Elefanten im Porzellanladen. Und mit Multitasking kann man sich hier auch nicht rausreden.
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Erwachsene sind leider oft inkonsequent
Ich selbst bin auch jemand, der Phubbing betreibt, muss ich gestehen. Oftmals fällt mir gar nicht auf, wie oft ich zum Smartphone greife, während jemand neben mir sitzt. Eigentlich werde ich mir dessen erst bewusst, wenn mich jemand darauf anspricht. Beispielsweise Freundinnen oder Freunde, die bereits eigene Kinder haben und wissen, wie wenig vorbildlich wir Erwachsenen uns in Bezug auf Smartphonenutzung verhalten. Und die ihren Kindern beizubringen versuchen, nicht smartphonesüchtig zu sein, und sich selbst ständig dabei ertappen, wie sie es sind.
Zumal man ja jedem Kind sagt: „Beim Essen hat das Handy nichts auf dem Tisch zu suchen“. Aber was ist mit unserem Partner oder Freuden, die im Cafe oder der Bar das Smartphone auf den Tisch legen, während wir vor ihnen sitzen, nur weil sie irgendetwas Dringliches zu erwarten scheinen? Da sagen wir nichts.
50 % Aufmerksamkeit: „Ich höre dir nur halb zu“
Ich muss dann immer an eine Reise in eine der aufregendsten Städte Europas denken, wo wir zu zehn Mann am Tisch im Restaurant saßen und exakt jeder am Tisch auf sein Smartphone geschaut hat. Zehn Smartphones und Schweigen in der Runde. Das sind so Momente, in denen man plötzlich merkt, wie doof das eigene Verhalten ist.
Zumal es ja noch einfacher ist, wenn andere mögliche Gesprächspartner am Tisch sitzen. Ist man wirklich nur zu zweit, ist es ja noch weit unhöflicher, in die Welt von Instagram, Whatsapp, Facebook und Tinder abzutauchen, während der andere auf unsere Aufmerksamkeit hofft. So hat er das Gefühl, dass jeder Like auf Social Media und jede Textnachricht wichtiger ist, als die Kommunikation mit ihm.
Das Problem: Irgendwie hat es sich so eingeschlichen, diese schlechte Angewohnheit. Und wenn alle es tun, macht man hemmungslos mit. Guckt ja grad keiner. Die anderen tun es ja auch. Ist ja nur ein kurzer Blick. Dabei zeigt eine Studie der University of Essex, dass es schon reicht, wenn das Smartphone auf dem Tisch liegt, um dem Gegenüber zu signalisieren: Ich höre dir nur halb zu. Und: Es kann jederzeit sein, dass es klingelt oder summt oder vibriert, und ich mitten im Gespräch zum Phone greife. Mehr als uncharmant.
Phubbing: Ein echter Beziehungskiller
Wundert es da, dass die Studie der Baylor University in Texas, in der Paare zu ihrer Smartphonenutzung und ihrer Beziehungszufriedenheit befragt wurden, sogar zu dem Schluss kommt, dass Phubbing Beziehungen zerstört?
Für die Studie wurden 453 Personen befragt. Zunächst sollte ein Teil der Gruppe auf einer sogenannten Partner-Phubbing-Skala angeben, in welchen Situationen sie sich ignoriert fühlen. Eine Situation davon war: „Mein Partner hat sein Smartphone in der Hand, wenn er bei mir ist“ oder „Mein Partner schaut auf sein Handy, wenn er mit mir spricht“.
Anschließend musste der andere Teil der Gruppe auf die Parameter in der Skala reagieren. Es zeigte sich, dass knapp die Hälfte der Teilnehmer schon mal Phubbing durch ihren Partner erlitten hatte. 23 Prozent sagten aus, dass Phubbing zu Problemen in der Beziehung führe und 37 Prozent sogar, dass das bei ihnen für Depressionen gesorgt habe.
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Phubbing: Ein Grund für Depressionen
Wenn wir also unserem Partner ständig zeigen: Ich bin grad bei dir, aber nur so lange, bis etwas Spannenderes auf meinem Smartphone daherkommt, sorge ich dafür, dass er sich nicht geschätzt fühlt. Zudem ist das Smartphone eh bei vielen Paaren ein Thema, das für Eifersucht und Streit sorgt.
Das alles, so die Studie, sorgt für Unzufriedenheit in der Beziehung, die letztlich dazu führt, dass das allgemeine Wohlbefinden sich verschlechtert und wir anfälliger für Depressionen sind. Klingt hart, ist aber durchaus eine Überlegung wert. Zumal das ja nicht nur die Person betrifft, die mit uns in einer Beziehung, also Partnerschaft ist. Auch Freunde, Bekannte oder Kollegen fühlen sich mit Sicherheit wenig wertgeschätzt, wenn das Handy allzeit parat liegt.
Bei seinem Chef würde man sich das mit Sicherheit nicht trauen und beim ersten Antrittsbesuch bei der Schwiegermutter in spe sicher auch nicht. Warum legen wir diese gute Erziehung dann ab, sobald Lieblingsmenschen um uns herum sind? Weil wir so entspannt und wir selbst sein dürfen bei ihnen, dass wir sie auch an unseren schlechten Angewohnheiten Teil haben lassen müssen?
Phubbing und Dating: Keine gute Kombi
Noch schlechter ist es, Phubbing zu betreiben, wenn man sein Gegenüber gerade erst kennenlernt, sprich beim Dating. Einen guten ersten Eindruck macht man damit in jedem Fall nicht. Zumal man sich bei den ersten Dates ja fragt, ob der andere überhaupt Interesse hat. Schaut der ständig auf sein Handy, kann man wohl davon ausgehen, dass es zu keinem zweiten Date kommt. Vielleicht macht er ja sogar grad ein anderes Date klar.
3 Tipps: So bekommst du Phubbing in den Griff
1. Achte mal darauf, wie oft du pro Tag zum Smartphone greifst und wie viel Zeit du damit verbringst. Tipp: Dazu gibt es sogar Apps, die das tracken. Dafür musst du dann aber leider wieder auf dein Handy schauen.
2. Wenn du dich mit jemandem zu einer Verabredung triffst, dann lass dein Handy einfach zu Hause oder zumindest in der Tasche. Und stelle es auf stumm, auch nicht vibrieren oder Töne für eingehende SMS. Einfach mal stumm. Es sei denn, du erwartest extrem wichtige Nachrichten. Dann lass den Ton an, das Smartphone aber in der Tasche und sag deinem Gegenüber, dass das eine Ausnahme ist, weil es in dem Fall unumgänglich ist, erreichbar zu sein. Und dann schenke ihm deine ungeteilte Aufmerksamkeit.
3. Verhalte dich deinem Partner und anderen gegenüber immer so, wie du möchtest, dass sie dich behandeln. Wenn jemand, der dir wichtig ist, während des gesamten Dates auf sein Smartphone glotzt oder darauf rumtippt oder gar rumtelefoniert, welches Gefühl hast du dann? Exakt. Also: Besser nicht mehr Phubbing betreiben.