Ich war schon mehr als einmal kurz davor, die Küchenwaage aus dem Schrank zu holen und die Nudelportionen meiner Kinder aufs Gramm genau abzuwiegen. Denn wenn es nur danach aussieht, dass ein Kind eine Nudel mehr auf seinem Teller hat, dann ist hier aber Krawall.
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Dann ist es völlig egal, dass der Nudeltopf noch randvoll ist und einem Nachschlag nichts im Weg steht. Meine Kinder glauben, wenn einer mehr auf dem Teller hat, dann ist das eine große Ungerechtigkeit, die sie unmittelbar anprangern müssen.
Warum ist das so? Warum fühlen sich Kinder so schnell benachteiligt? Warum sind sie nicht in der Lage, ihrem Bruder oder ihrer Schwester etwas zu gönnen, sondern sehen es sofort als Nachteil für sich selbst?
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Futterneid, was ist das überhaupt?
Futterneid kennen wir alle. Beobachten wie jemanden, der etwas vermeintlich Leckeres isst, möchten wir das auch haben. Egal ob wir gerade Hunger haben oder nicht. Wir sind neidisch darauf, dass jemand etwas hat, was wir nicht haben. Aber warum eigentlich?
Ein Blick auf die Evolution erklärt das. Schon vor Jahrtausenden sicherte ein gewisser Vorrat an Lebensmitteln das Überleben von Menschen. Und je mehr man gesammelt und gelagert hatte, umso besser war der Stand in der Gesellschaft. Man war in gewisser Weise besser als andere, die weniger hatten.
Und das steckt auch heute noch in uns. Obwohl wir heute im Überfluss leben und Essen für die meisten immer und überall verfügbar ist, werden wir dennoch neidisch, wenn jemand etwas hat, was wir nicht haben. Wir fühlen uns benachteiligt und gönnen es dem anderen nicht.
Futterneid unter Kindern
Unseren Kindern geht es genauso. Nur, dass sie anders und ungefilterter mit ihren Gefühlen umgehen. Während Erwachsene bereits gelernt haben, ihre Gefühle weitestgehend zu kontrollieren, können (kleine) Kinder das noch nicht. Sie sagen frei heraus, was sie stört, was sie als ungerecht empfinden und wo sie sich benachteiligt fühlen. Das gilt für die Aufteilung von Spielzeug oder eben auch für die Portionsgröße beim Essen.
Hinzu kommt noch, dass die Konkurrenz unter Geschwistern immer da ist. Dabei geht es um die Gunst der Eltern und ihren Stand innerhalb der Familie. Dieser fortwährende Konkurrenzkampf wird natürlich auch beim Essen ausgetragen, das, betrachtet man die evolutionäre Erklärung, ja auch etwas mit Macht und Überleben zu tun hat.
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Was hilft gegen Futterneid unter Geschwistern?
Die Küchenwaage und das Abwiegen von Portionen für die Kinder ist eine Variante, um Futterneid im Keim zu ersticken. Allerdings ist das eine doch eher extreme Möglichkeit.
Einfacher wird’s, wenn man die Kinder schon beim Portionieren mit einbezieht und sie mit ihren eigenen ‚Waffen‘ schlägt. Wenn nämlich das eine Kind das Essen auf den Tellern verteilt, das andere dafür aber als Erstes einen Teller aussuchen darf, kann man darüber staunen, wie gerecht das Essen dann auf dem Tisch landet und wie wenig Streitereien dadurch entstehen.
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Generell sollte man als Eltern natürlich aufpassen, dass man nicht unbewusst ein Kind anders behandelt als das andere. Das gilt nicht nur fürs Essen, sondern für alle anderen familiären Aktivitäten oder auch Aufgaben. Es ist wichtig, dass sich alle Kinder gleichermaßen von ihren Eltern gesehen und verstanden fühlen.
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