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Nähe-Distanz-Problem in Beziehungen: Wenn aus Liebe Einengung wird

Frau mit Hut und rosa Oberteil hält die Hand ihres Partners
© Adobe Stock / STRELCIUC

Über Nähe und Distanz in der Liebe

Am Anfang einer Liebe kann es beiden oftmals nicht eng genug sein. Aber in jeder Beziehung sollte nach ein paar Monaten das Verhältnis von Nähe und Distanz neu ausgelotet werden.

Zu nah, zu fern, zu eng, zu frei – oft ist der Spagat zwischen Nähe und Distanz einer der Hauptstreitpunkte in Beziehungen.

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Wer hat es nicht schon mal am eigenen Leib erfahren: Das gute alte Nähe-Distanz-Problem. Haben die Partner*innen ein komplett unterschiedliches Bedürfnis nach Nähe, wird sich einer von beiden immer abgelehnt fühlen, während dem anderen die Luft zum Atmen fehlt. Ein Dilemma, das viele Beziehungen scheitern lässt.

Zum Glück kann man das Problem durch die richtige Partner*innenwahl und einige Beziehungsregeln durchaus in den Griff kriegen. Was genau das heißt, weiß der Berliner Diplom-Psychologe Dr. Wolfgang Krüger.

Phase 1: Frisch verliebt kann es nicht nah genug sein

Klar. In der Phase der Verliebtheit kennen wir keine Angst vor einem Zuviel an Nähe in der Beziehung: Meist will man so viel Zeit wie möglich mit dem anderen verbringen. Doch Beziehungen wandeln sich. Was am Anfang noch sehr erfüllend ist, wird schnell zu einengend. Deshalb muss nach ein paar Monaten das Verhältnis von Nähe und Distanz neu ausgelotet werden.

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Phase 2: Nähe und Distanz und alltägliche Probleme und Missverständnisse

Die ersten Konflikte zeigen sich oft schon in kleinen, ganz alltäglichen Missverständnissen: „Sie will mit ihm reden, er fühlt sich bedrängt. Abends will er mit ihr schlafen, nun will sie nicht mehr. Das sind die alltäglichen Konflikte in der Liebe.

Wichtig ist, dass wir die individuellen Distanzwünsche unseres Partners nicht missachten“, sagt Diplom-Psychologe Wolfgang Krüger. Sind beide in der Lage, sich gegenseitig Freiraum zu lassen, ist das eine erste gute Voraussetzung für die Partnerschaft.

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So sehr beeinflusst das Nähe Distanz Denken unsere Partnerwahl

Es empfiehlt sich, schon bei der Partnerwahl darauf zu achten, wie der andere tickt. Liebt er seine Freiheit oder setzt er eher auf eine extrem innige Bindung? Wie steht er zu Nähe und Distanz in einer Beziehung?

Braucht er genauso viel Freiraum wie ich selbst oder steht der erste Konflikt im Raum, weil beide hier unterschiedliche Ansichten haben? „Wir achten bei der Partnerschaftswahl sehr genau auf die Signale des anderen“, erklärt Dr. Krüger.

Will heißen: Wir achten auf seinen Blick, seine Bewegungen, seine Ausstrahlung, den Klang seiner Stimme. Denn das alles zeigt uns indirekt, welches Nähemodell unser Gegenüber hat. „Ist er ein Kuscheltyp oder ein Jäger, reserviert oder mit einem großen Bedürfnis nach Nähe? Wir verlieben uns, wenn dies im Groben mit unserem eigenen Nähe-Distanz-Drehbuch übereinstimmt“, so der Experte.

Die goldenen Regeln für Paare zum Nähe-Distanz-Problem

Um das unterschiedliche Nähebedürfnis nicht zum ständigen Konfliktherd in der Partnerschaft werden zu lassen, bedarf es Näheregeln, zum Beispiel das Gummibandprinzip. Dieses Prinzip besagt: Ziehe ich mich zurück, kommt der Partner bzw. die Partnerin nach. Und umgekehrt.

So entsteht ein Geben und Nehmen und die Erkenntnis: Wenn ich meinem Gegenüber Freiraum gebe, kommt er bzw. sie trotzdem zu mir zurück. Freiwillig und ohne Druck.

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Die Eigenanalyse ist wichtig

Wem es schwerfällt loszulassen, weil er ein sehr großes Bedürfnis nach Nähe hat und zum Klammern neigt, der sollte zusätzlich an sich selbst arbeiten, indem er die Nähemuster der Kindheit reflektiert.

Dr. Krüger: „Ich muss mich fragen, warum ich so empfindlich bin, wenn er allein die Sportschau sehen will. Vielleicht bin ich als Kind vom Bruder entthront worden und reagiere gekränkt, sobald mich der andere nicht mehr wahrnimmt. Ich muss sehr bewusst diese Nähemuster in meiner Partnerschaft reflektieren.“

Ein eigenständiges Leben trotz Partnerschaft behalten

Um einen Nähe-Distanz-Konflikt erst gar nicht aufkommen zu lassen, müssen beide Partner*innen in der Beziehung eigenständig bleiben und ihre Bedürfnisse klar formulieren. Wer seinem Partner das Gefühl gibt, dass er ohne ihn nicht sein kann, der erzeugt ungewollt Druck.

Eigene Freund*innen treffen, eigene Hobbys haben – all das ist wichtig. Auch wenn in der anfänglichen Verliebtheit manches vernachlässigt wird: Beruf, Freizeit, Freunde und natürlich auch die gemeinsame Zeit als Paar sollten ihre Daseinsberechtigung nebeneinander haben.

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Sonderfall: Bindungsunfähige Partner und das Nähe-Distanz-Problem

Dennoch gibt es Menschen, die mehr Probleme mit Nähe haben als andere. Das zeigt sich meist schon am Anfang der Beziehung. Wenn wir uns neu verlieben, lernen wir den anderen nach und nach durch gemeinsame Aktivitäten, Gespräche, Intimität und den Freundeskreis des anderen kennen. Das alles bildet dann irgendwann das Fundament der Liebe und der neuen Beziehung.

Wenn man allerdings an einen Menschen mit Nähe-Ängsten geraten ist, endet bereits hier die Beziehung. Dieser wird dann mitteilen, dass er noch Altlasten hat, sich nicht einlassen könne oder nicht treu sein kann.“

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Distanzierte Partner*innen: Finger weg!

Der Experte rät: „Finger weg von Männern, die nicht beziehungsfähig sind. Viele Frauen lieben Männer, die wie ein einsamer Wolf durchs Leben gehen. Solche Männer wirken geheimnisvoll, sie haben eine gewisse Melancholie an sich. Frauen glauben oft: Ich liebe ihn so sehr, mit mir wird alles anders.“

Nicht selten ein schmerzlicher Irrtum. „Letztlich kann eine Frau einen wirklich distanzierten Mann nicht ändern. Denn hinter seiner Distanz steckt ein Sicherheitsdenken, das sich nicht so leicht lösen lässt. Die Frauen klagen später zu Recht: Du lässt zu wenig Nähe zu. Das ist dann ein ständiger Konflikt in der Liebesbeziehung.“

Jedes Paar muss irgendwann erkennen, dass es in der Liebe nicht nur um Nähe geht. „Die Kunst der Liebe besteht darin, dass man eine stabile Nähe herstellt, dem anderen aber ausreichend Freiheit lässt“, sagt Wolfgang Krüger. Das Nähe-Distanz-Problem ist mit Sicherheit kein leichter Balanceakt – aber einer, der sich lohnt.

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