Veröffentlicht inLiebe & Psychologie, Mein Leben

Sexuelle Belästigung im Netz: So könnt ihr euch wehren

Frau sitze traurig auf dem Boden, die Hände vor dem Gesicht
© Adobe Stock

Vorab im Video: Was Eltern zu Cybermobbing wissen sollten

Sexuelle Belästigung muss niemand hinnehmen. Lest hier, wie ihr euch gegen schlimme Anmachen und Beschimpfungen im Netz wehren könnt.

Wer ab und zu online in Chats und auf Dating-Portalen unterwegs ist, wird es kennen: Neben absolut netten und normalen Menschen finden sich eben immer auch diverse schwarze Schafe. Kennzeichen: Null Respekt, übelste sexuelle Anmachen und Offerten, die dann in aggressive Beschimpfungen bis zu Drohungen übergehen, sobald das Opfer sich wehrt.

Und leider macht dieses Verhalten auch vor jungen Menschen nicht Halt. Eine Studie von 2023, für die 1.200 Jugendliche im Alter von 12 bis 19 Jahren zu ihren Erfahrungen mit sexueller Belästigung befragt wurden, zeigte: Jedes dritte Mädchen und jeder vierte Junge wurden 2023 im Internet sexuell belästigt.

Erschreckende Zahlen. Und natürlich sorgen auch im Erwachsenenalter Social Media, Messenger und Datingportale dafür, dass Menschen sexuell belästigt werden.

Wem die Vorstellungskraft dazu fehlt, wie krass hier vorgegangen wird, der sollte sich an die Doku „Männerwelten“ von Joko und Klaas erinnern, in der es um die sexuelle Belästigung von Frauen geht. Verschiedene Frauen berichten darin über ihre eigenen Erfahrungen – darunter auch viele prominente.

Sicher ist auch einigen der Instagram-Account „antiflirting2“ zweier Wiener Studentinnen bekannt. Sie stellten 2019 einen Instagram Account auf die Beine, in dem sie die sexuellen Übergriffe und Missstände in den Chats öffentlich machen. Diese Beispiele zeigen erschreckend klar, was da so heimlich unter dem Deckmantel von Flirt und Anmache an Frauen (und nicht nur an Frauen) geschickt wird. Und das macht wirklich sprachlos.

Betroffene konnten hier Screenshots von übergriffigen Chatnachrichten an die beiden Betreiberinnen schicken, die dann anonym auf Instagram veröffentlicht werden. Explizite Bilder und Details in den Nachrichten wurden geschwärzt, Namen ebenfalls. 

Die Chatverläufe stammten von Plattformen wie Tinder, WhatsApp oder Facebook Messenger. Und immer ging es darin um sexuelle Übergriffigkeit, Belästigung und Beschimpfungen. Und bei allen expliziten Anmachen und sexuellen Offerten hab es den kleinen aber entscheidenden Schönheitsfehler, dass es nicht in beiderseitigem Einverständnis passierte. Und so etwas nennt man eben nicht mehr Flirt oder was auch immer, sondern ganz klar sexuelle Belästigung.

Auch lesen: Sexuelle Belästigung: Wo fängt sie an und wie wehre ich mich?

An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Instagram, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden.

Auch lesen: Der Alltag von Frauen: Über Mansplaining, Lolitawerbung und andere sexistische Ärgernisse

Ihr wurdet Opfer sexueller Belästigung im Internet? So wehrt ihr euch

Dick Pics und obszöne Anmachen öffentlich zu machen, ist eine Art sich zu wehren. Aber wie kann man sich noch helfen, in so einer Situation? Nicht wenige Menschen fühlen sich den obszönen Nachrichten schutzlos ausgeliefert. Es hilft ja doch niemand. Oder doch?

Letztlich geht es ja nicht nur darum, dass dir jemand explizite Angebote macht, sondern auch, dass er sich dir auf exhibitionistische Art und Weise zeigt, ohne dass du es willst oder dich bei Nicht-Reagieren oder Ablehnung derbe beschimpft. Was also kann man als betroffene Person tun?

#1 Wenn dir jemand Dinge schreibt ober schickt, die dir unangenehm sind, dann brich den Kontakt direkt ab. Du kannst die Person zudem blockieren. So kann sie dich nicht mehr kontaktieren.

#2 Wenn du das Gefühl hast, die Belästigung nimmt kriminelle Ausmaße, kannst du die betreffende Person auch bei der Plattform melden. Keine Sorge, die Person erfährt nicht, wer sie gemeldet hat. Du solltest dich jedoch erst mit der Plattform in Verbindung setzen und ihn erst danach blockieren, sonst kann der Betreiber oftmals nichts machen.

#3 Minderjährige, die ungewollt pornografische Bilder und Aufforderungen zu sexuellen Handlungen erhalten, sollten sich in jedem Fall nicht schämen, sondern direkt an ihre Eltern oder eine andere Vertrauensperson wenden. Bei Minderjährigen kann sogar eine Straftat vorliegen, beispielsweise wenn sie zu sexuellen Handlungen gedrängt oder mit Fotos erpresst werden. (s.u.)

Sexuelle Belästigung im Netz: Das sagt der Gesetzgeber

Man denkt ja schnell, im Netz wäre alles anonym und somit wäre das Internet eine Art rechtsfreier Raum. Zumindest verhalten sich viele Menschen so, als wäre hier alles erlaubt und jede moralische Grenze gefallen. Die Anonymität macht es möglich. Aber weit gefehlt: IP-Adressen von Computern lassen sich sehr wohl zurückverfolgen. Das gilt auch für sexuelle Belästigung im Netz.

#1 Der Gesetzgeber sagt ganz klar: Betreiben zwei Menschen einvernehmlich Sexting, also schicken sich zum Beispiel Nacktbilder via Chat oder Smartphone, dann ist das völlig in Ordnung.

Anders jedoch, wenn eine Person diese Art Bilder gar nicht erhalten möchte. Empfindet sie die gesendeten Bilder als Belästigung, kann hier schon ein Verstoß gegen das Gesetz § 184 Abs. 1 Nr. 6 StGB zur „Verbreitung pornografischer Schriften“ vorliegen. Und schon ist das Dick Pic ein Fall für den Anwalt und die ach so lustige Anmache eine Straftat.

#2 Das gleiche gilt auch für all die perversen Nachrichten und sexuellen Angebote. Auch hier kann man sich schnell in einer gesetzlichen Grauzone befinden. Und zwar, wenn es um sexuelle Beleidigung nach § 185 StGB geht.

#3 Noch krasser wird es, wenn es um Cyber-Grooming geht. Denn das bedeutet, dass Kinder gezielt angeschrieben werden, um sie für sexuelle Offerten zu kontaktieren.

Der Gesetzgeber hat hier zum einen den § 176 StGB Abs. VI Nr. 3 StGB, also den sexuellen Missbrauch von Kindern. Zudem gibt es § 176b StGB, bei dem es um die Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern geht:

(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer auf ein Kind durch einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) einwirkt, um 1. das Kind zu sexuellen Handlungen zu bringen, die es an oder vor dem Täter oder an oder vor einer dritten Person vornehmen oder von dem Täter oder einer dritten Person an sich vornehmen lassen soll, oder 2. eine Tat nach § 184b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 oder nach § 184b Absatz 3 zu begehen.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Bei Taten nach Absatz 1 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

Hilfe für Betroffene

Wer minderjährig ist, sollte sich unbedingt einer Vertrauensperson anvertrauen und gegen die sexuelle Belästigung vorgehen. Das können in erster Linie die Eltern oder andere nahe Verwandte sein. Oftmals schämen sich Kinder für solche Art Nachrichten und suchen die Schuld womöglich bei sich. Aber sie sollten genau das nicht tun, sondern sich in jedem Fall Hilfe suchen.

-> Hilfe und Infos finden Kinder und Jugendliche auch hier: Polizei für dich: Cyber-Grooming.
-> Wer sich unsicher ist oder sich nicht traut, das Thema gegenüber seinen Eltern offen anzusprechen, kann sich auch hier Hilfe holen: Anonym, kostenlos und rund um die Uhr bei der Telefonseelsorge (08001110111).