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Ferber Methode: So funktioniert das umstrittene Schlaftraining

Ferbern: So funktioniert das umstrittene Schlaftraining
© AdobeStock/ Jacob Lund

So funktioniert die Ferber-Methode

Dauer müde Eltern sind besonders empfänglich für Tipps und Tricks, die das Kind und sie endlich nachts schlafen lassen. Schlaftrainings wie das Ferbern liegen dabei hoch im Kurs. Wie die Methode funktioniert und warum sie kritisch diskutiert wird, wollen wir klären.

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Es gibt wohl kaum Eltern von jüngeren Kindern, die einem nicht ein Lied vom andauernden Schlafmangel singen können. Oft finden Babys nämlich schlecht in den Schlaf und wachen auch nachts öfter auf. Das ist frustrierend und ermüdend für Eltern. Kein Wunder also, dass sie gierig sind nach Ideen, Tipps und Methoden, die ihnen versprechen, einen erholsamen Nachtschlaf zurückzubringen.

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Ein solches Versprechen findet sich in dem viel diskutierten Buch ‚Jedes Kind kann schlafen lernen‘, von Annette Kast-Zahn und Dr. med. Hartmut Morgenroth. Erklärt wird darin, wie man Babys mithilfe der Ferber Methode ans Alleineschlafen gewöhnt.

Aber wie genau funktioniert die Ferber Methode und warum wird sie kontrovers diskutiert? Wir wollen einmal Licht ins Dunkel bringen.

Was ist die Ferber Methode?

Ihren Namen hat die Ferber Methode vom amerikanischen Neurologen und Kinderarzt Richard Alen Ferber, Professor an der Harvard Universität und Leiter des Center for Pediatric Sleep Disorders (Zentrum für Schlafstörungen) am Bostoner Kinderkrankenhaus. 1985 veröffentlichte er sein Buch ‚Solve your Child’s Sleep Problems‘ (dt: ‚Löse die Schlafprobleme deines Kindes‘) und erreichte damit Erziehungsberechtigte auf der ganzen Welt.

Viele andere Schlaftrainings und Bücher orientieren sich seitdem an der nach ihm benannten Methode. Im englischen Sprachraum spricht man übrigens von ‚graduated extinction‘ – stufenweise Entwöhnung – wenn man über die Ferber Methode spricht.

Der Grundgedanke des Trainings ist, dass das Kind über ein paar Tage oder wenige Wochen lernt, sich selbst zu beruhigen, so alleine in den Schlaf zu finden und die Nacht durchschlafen zu können.

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Wie funktioniert das Ferbern?

Die Ferber Methode ist eine Art ‚Intervalltraining‘ für Babys. Denn die Zeit, in der sie alleine in ihrem Bettchen liegen, ohne dass Mama und Papa an ihrer Seite sind, wird Stück für Stück gesteigert.

Eltern bringen zu Beginn ihr Baby ins Bett, mit den üblichen Gute-Nacht-Ritualen (Lesen, Streicheln oder Singen), verabschieden sich dann vom Kind und verlassen das Zimmer. Fängt das Kind an zu jammern, sollten Eltern nach der Ferber Methode nicht direkt ins Kinderzimmer gehen, sondern zwei bis drei Minuten warten. Dann betreten die Eltern das Zimmer und beruhigen ihr Kind kurz, ohne es aus seinem Bettchen zu nehmen. Anschließend verlassen sie das Zimmer.

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Beginnt das Kind wieder zu weinen, sobald es alleine ist, warten Eltern vor dem nächsten Betreten nun ein bisschen länger, etwa fünf Minuten. Sie wiederholen das Beruhigen und verlassen erneut das Zimmer. Beginnt das Kind wieder zu schreien, warten sie nun 10 Minuten und behalten diesen Zeitabstand für den ersten Abend bei.

Am zweiten Abend erhöhen sie die Zeitabstände, bevor sie das Zimmer des Kindes betreten. Erst fünf Minuten bis zur ersten Kontrolle, dann zehn und schließlich alle 12 Minuten. Auch am dritten Abend erhöhen sie die Zeitabstände nochmals auf 10, 12 und 15 Minuten und so weiter.

So erhöht sich die Zeit, bis man das weinende Kind beruhigt, immer weiter. Ziel dieses ‚Intervalltrainings‘ ist, dass das Kind über Tage oder Wochen hinweg lernt, sich alleine zu beruhigen und schließlich alleine ein- und durchzuschlafen.

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Wichtig: Niemals sollte man das Kind ohne Kontrolle schreien lassen. Für das Kind ist es wichtig, dass es sieht, dass Mama und Papa noch da sind. Außerdem kann es passieren, dass Kinder sich so sehr aufregen, dass sie sich übergeben müssen. Das kann gefährlich sein, wenn Babys noch nicht in der Lage sind, sich zu drehen.

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Ab welchem Alter kann man die Ferber Methode anwenden?

Voraussetzung für die Anwendung egal welcher Schlaf-Lern-Methode ist, dass das Kind rein körperlich so weit entwickelt ist, dass es in der Lage ist, eine Nacht ohne Stillen oder Fläschchen durchzuschlafen. Das trifft auf die meisten Kinder ab einem Alter von rund sechs Monaten zu.

Aber auch bei größeren Babys oder Kleinkindern kann man Schlaftrainings wie das Ferbern anwenden.

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Ferbern damals: Fortschritt zur ‚Cry it out‘-Methode

Das Ferbern ist, drückt man es ganz vereinfacht aus, ein ‚kontrolliertes Schreien lassen‘. Zur Zeit der Veröffentlichung des Buches von Professor Ferber, war es bei vielen Eltern gang und gäbe, das Kind einfach weinen zu lassen. Babys wurden ins Bett gelegt, verabschiedet und die Tür wurde geschlossen.

Fingen Kinder an zu weinen, ließ man sie weinen (‚Cry it out-Methode‘), bis sie irgendwann eingeschlafen waren. Ohne Trost, ohne erneutes Beruhigen. In gewissem Maße war die Ferber Methode also ein Fortschritt und galt als sanfte Schlaf-Lern-Methode.

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Ferbern heute: Notfallprogramm bei Schlafstörungen

Beim Thema Ferbern scheiden sich heute die Geister. Es gibt Eltern, die schwören auf die Methode und Eltern, die lehnen sie komplett ab. Ob ihr ferbern wollt oder nicht, ist eure ganz eigene Entscheidung.

Kritisiert wird von Gegnern der Methode häufig, dass Eltern mit diesem Programm wider ihrer Intuition handeln. Denn ein weinendes Baby weckt in uns den Wunsch, es trösten zu wollen. Nach Ferber darf man diesem Wunsch aber nicht immer sofort nachkommen. Das kann bei Eltern mehr Stress auslösen als sich beispielsweise einfach zum Kind zu legen.

Auch kritisiert wird, dass die Methode das Verhältnis von Baby und Eltern stören kann. Denn das Urvertrauen, das Kinder in ihre Eltern haben, könnte Schaden nehmen, eben weil die Eltern ihr Schreien scheinbar ignorieren.

Wichtig zu wissen ist, dass das Ferbern nach Aussage seines Namensgebers als Notfallprogramm für Kinder mit Schlafstörungen entwickelt wurde oder eben für Eltern, die stark unter dem Schlafverhalten ihres Kindes leiden. Es war also nie als Generallösung für alle Kinder gedacht. (Anders als das deutsche Buch ‚Jedes Kind kann schlafen lernen‘ suggeriert.)

Schadet man seinem Baby mit Ferbern?

Es gibt keine Studie, die belegen kann, dass Ferbern Babys schadet. 2016 erschien eine australische Studie, die zeigte, dass Kinder, die mithilfe der Ferber Methode, einer anderen oder gar keinen Schlafmethode an das Durchschlafen gewöhnt wurden, keine Unterschiede in ihrem Verhalten oder Verhältnis zu ihren Eltern auswiesen.

Einzig die Mütter der Kinder, die die Ferber Methode angewandt hatten, zeigten während der Studie ein erhöhtes Stresslevel.

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Ferbern oder nicht Ferbern, das ist hier die Frage

Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es keine fundierten Beweise dafür, dass die Ferber Methode dem Baby schadet. Deshalb muss jeder ganz individuell für sich entscheiden, ob er sie anwendet oder nicht.

Für Eltern, die allabendlich an die Grenzen kommen, weil ihr Baby unentwegt schreit, die selbst keine Ruhe finden, wenn ihr Baby nachts neben ihnen liegt oder die nicht mehr die Kraft aufbringen können, ihr Baby in den Schlaf zu begleiten, kann sie eine Alternative und Erleichterung sein.

Ursprünglich war sie als Hilfsmittel für Eltern gedacht, die mit dem Schlafverhalten ihres Kindes keine Ruhe finden konnten. Dass sie sich zu einer Schlafmethode für Jedermann entwickelt hat, sei nicht Absicht von Prof. Ferber gewesen.

Wichtiger Hinweis: Die Inhalte dieses Artikels dienen lediglich der Information und ersetzen keine Diagnose beim Arzt. Treten Unsicherheiten, dringende Fragen oder Beschwerden auf, solltet ihr euren Arzt kontaktieren.